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Häufig ist es allerdings nicht möglich, allen Mikroorganismen, die nachgewiesen
werden sollen, optimale Temperaturbedingungen zu bieten, da es hierbei nicht nur
Unterschiede zwischen den einzelnen Spezies sondern auch innerhalb einer Spezies
bzw. Subspezies geben kann. Einen Anhaltspunkt für das zu erwartende Keimspek-
trum und damit die Bebrütungstemperatur bietet immer auch die Herkunft des Le-
bensmittels, das es zu untersuchen gilt. Handelt es sich beispielsweise um Seefisch
aus Ost- oder Nordsee, ist ein Keimspektrum zu erwarten, das sich auch noch bei
niedrigeren Temperaturen (≤30 °C) vermehren kann. Bei rohem Geflügelfleisch da-
gegen wird unter normalen Bedingungen eine Bakterienflora vorherrschen, die ihr
Temperaturoptimum bei ≥37 °C hat, da bei lebendem Geflügel mit einer höheren
Körpertemperatur zu rechnen ist als bei Säugetieren.
Die Bebrütungstemperatur kann auch als Selektivkriterium herangezogen wer-
den, um nahe verwandte Bakteriengruppen getrennt voneinander anzuzüchten und
so eine differenzierte Diagnostik zu ermöglichen. Eine Bebrütung von Nährmedien
bei 45 °C beispielsweise hemmt beim Nachweis von Escherichia coli das Wachs-
tum anderer coliformer Keime. Generell ist bei niedrigeren Bebrütungstempera-
turen (≤37 °C) mit stärker ausgeprägtem Wachstum von unerwünschter Begleitflora
zu rechnen als bei höheren Temperaturen (≥40 °C).
2.3.2 
 Sauerstoffgehalt
So unterschiedlich die Ansprüche sind, die die einzelnen lebensmittelrelevanten
Mikroorganismen an die Umgebungstemperatur stellen, so unterschiedlich sind
auch die Bedürfnisse bezüglich des Sauerstoffgehalts in der Atmosphäre, die es bei
der In-vitro-Kultivierung im Labor zu beachten gilt. Man differenziert zwischen
obligat aeroben und obligat anaeroben, mikroaerophilen sowie aerotoleranten und
fakultativ anaeroben Mikroorganismen. Obligat aerobe Bakterien benötigen den
Sauerstoff der Luft zur Energiegewinnung, sie stellen an die Kultivierung in die-
sem Punkt die geringsten Ansprüche und können ohne größere Schwierigkeiten
angezüchtet werden. Obligat anaerobe Mikroorganismen dagegen, wie z. B. Clos-
tridium botulinum , gewinnen ihre Energie ausschließlich durch Gärung, für sie
wirkt Sauerstoff im besten Fall bakteriostatisch, in vielen Fällen aber auch toxisch.
Mikroaerophile Bakterien, wie z. B. Campylobacter spp., benötigen Sauerstoff für
die Vermehrung, allerdings darf nur ein verminderter Sauerstoffpartialdruck vor-
liegen. Eine Kultivierung erfolgt hier bei einem CO 2 -Gehalt von ca. 9 %. Eine
große Anzahl anaerober Bakterien sind, im Gegensatz zu Clostridium botulinum ,
aerotolerant, d. h. sie können in Gegenwart von Sauerstoff überleben und sich
gegebenfalls vermehren. Viele lebensmittelrelevanten Infektions- und Intoxika-
tionserreger zählen zu den fakultativ anaeroben Bakterien, sie bevorzugen zwar
eine aerobe Umgebung, können aber auch unter anaeroben Bedingungen überle-
ben und sich vermehren. Zu dieser Gruppe von Bakterien zählen z. B. Enterobac-
teriaceae und Bacillus spp.
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