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etwa in Form der „1000 Meter Gesprähe“: Sie trafen sih mit Vertretern jeder ein-
zelnen Küstengemeinde, um traditionelle Nutzungen des Watenmeeres in ihrem
Einzugsbereih zu verhandeln. Im Verlauf dieser Diskussionen verwandelte sih die
„eingefrorene Natur“ des von oben angeordneten und durh die Wissenshat legiti-
mierten Nationalparks sukzessive wieder in einen lebendigen, von Menshen und
nihtmenshlihen Lebewesen bewohnten und gestalteten Raum. Was paushal als
Natur deklariert worden war, entpuppte sih nun als eine Ansammlung von konkre-
ten Akteuren wie Küstenbewohnern, Zugvögeln, ökosystemaren Prozessen, Fis-
hern, Ölbohrinseln und Touristen. Die Frage lautete nun: Wessen Anliegen werden
berüksihtigt, wer darf mit an den Verhandlungstish, welhe Kompromisse
müssen geshlossen werden? Alle wollen und müssen gehört werden, wenn die
Entsheidung wirklih nahhaltig sein soll.
Werner Krauß verfolgte im Rahmen seiner ethnologishen Forshung zum Beis-
piel die Spur der Ringelgänse und lernte so, wie sih über die Debate über dieses
Federvieh an der Küste der Wandel vom Landgewinn hin zum Naturshutz
vollzog. 94 Natur als solhe existiert niht wirklih, sondern es sind immer bestim-
mte Spezies oder Angelegenheiten, um die es sih dreht. Die Ringelgänse wurden zu
einer Art Wappentier des Nationalparks, da sie als shützenswerte und gleihzeitig
sihtbare Spezies den Nationalpark repräsentieren. Sie lösten aber auh Konlikte
aus, da sie die Felder der Bauern außerhalb des Nationalparks und auf den Halligen
regelmäßig abfraßen. Sie wurden darüber hinaus Teil der nationalen Außenpolitik,
indem es Naturshützern vom WWF gelang, ihre Brutgebiete in Sibirien ebenfalls
als Shutzgebiete zu deklarieren; sie verbanden die Küstenregion mit der Europäis-
hen Union, die zeitweise Entshädigungen für den Fraßshaden der Gänse zahlte.
Es bleibt abzuwarten, wie der Klimawandel den Vogelzug und damit auh wieder
die Politik verändern wird. Die Politik an der Küste bezieht sih niht auf eine ab-
strakte Natur, sondern auf die Interaktion von Menshen mit ihrer Umwelt und
dem, woraus sie besteht.
In diesem komplexen und vieldimensionalen Prozess gelang es, das hema
„Naturshutz“ zu einem verhandelbaren Gegenstand zu mahen und so in ein „lös-
bares“ Problem zu überführen. Tatsählih ist der große Konlikt, ob Nationalpark
oder niht, längst zur überwiegenden Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst. Was mit
aktivistishem Umweltshutz begann und zu einem wissenshatlih legitimierten
Nationalpark wurde, endete in einem Politikmarathon, der Küstenlandshat und -
gesellshat tatsählih veränderte. Der Naturshutz erkämpte sih Shrit für Sh-
 
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