Geoscience Reference
In-Depth Information
Diese Massenhysterien in Zeiten von Klimaanomalien haben vershiedene Ur-
sahen, und sie wihen sinnvolleren Formen der Risikoprävention. Doh man sollte
sih hüten, ein evolutionistishes Shema einer geradlinigen Entwiklung vom
Aberglauben zur Wissenshat, von der Religion zur Vernunt, von der Deutung zur
uantiizierung anzulegen. Auh wissenshatlihes Wissen kann Katastrophen
niht verhindern, die so siher wie das Amen in der Kirhe die Menshen auh in
Zukunt heimsuhen werden - Wissenshat kann nur Risikoprävention empfehlen
und Warnsysteme entwikeln. Wissenshatlihe Erklärungen sind von begrenzter
Reihweite, was gesellshatlihe Akzeptanz, menshlihes Leid und Deutung bet-
rit.
In der Ethnologie inden sih viele Beispiele von Gesellshaten, in denen Regen-
maher mit magishen Bräuhen und Ritualen das Weter beeinlussen. Der Ethno-
loge James Frazer 68 sammelte diese Berihte und kam zu dem durhaus vernünti-
gen Shluss, dass diese Wetermaher letztlih meistens reht behalten würden - ir-
gendwann trit das vorausgesagte Weter immer ein. Doh diese Erklärung reiht
niht aus, um eine solhe komplexe Handlung wie ein magishes Ritual zu ver-
stehen, wie es zum Beispiel Regenmaher in afrikanishen Kulturen ausüben. Diese
setzen niht unbedingt eine lineare Beziehung zwishen Klima und Gesellshat
voraus, sondern sie ordnen diese Beziehung auf vielerlei Ebenen. Spezialisten
führen Rituale durh und stiten damit Gemeinshat und Sinn. Sie begrenzen so die
Unsiherheiten des Lebens und regulieren die in Unordnung geratenen Verhältnisse.
Die Menshen, die wir heute als vormodern bezeihnen, stehen dem Klima oder
dem Weter niht einfah gegenüber; diese sind vielmehr Bestandteil der Welt, die
sie bewohnen - es gibt keine Trennung. Es geht um die (Wieder-)Herstellung oder
Aufrehterhaltung einer Ordnung, die ihrer Natur nah kosmologish ist.
Für die Inuit im nördlihen Kanada bezeihnet der Begrif „sila“ das Weter und
das physikalishe Klima, zugleih aber auh eine mystishe, spirituelle Krat, die al-
ler Existenz zu eigen ist. Eine Trennung zwishen physishen und kulturellen Di-
mensionen ist in der Sprahe der Inuit niht möglih, sie kann niht einmal gedaht
werden. Die Ethnologin Susan Crat e 69 berihtet von einem sibirishen Volk, Viliui
Sakha, das heute ot vergeblih auf die Ankunt des „Winterbullen“ wartet. Seit
Jahren ist es im ot 40 Grad heißen warmen kurzen Sommer zu feuht, um genug
Heu für die bis zu 60 Grad kalten Winter einzufahren. Die Älteren unter den Viliui
glauben, dass der tehnishe Fortshrit und vor allem die Raumfahrt das Klima zer-
stört haben, und fürhten um ihre Existenzgrundlage in dieser extremen Umwelt. In
 
Search WWH ::




Custom Search