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Vegetation in Hitzewüsten zu sehen; s. Kap. 7.1.1) Es sind Gesteins-
klüfte oder Nischen im Schutt, in denen sich Kryptogamengemein-
schaften (Cyanobakterien, Mikroalgen und Flechten) mit oft verschie-
denen Arten angesiedelt haben. Sogar durch eine lang anhaltende
Schneebedeckung von 20 - 30 cm Dicke dringt genügend Licht für
eine leistungsfähige Photosynthese.
Mit zunehmender Kontinentalität nach Osten schrumpfen die Le-
bensbedingungen für die kälteresistenten Flechten. Die Oasen werden
kleiner und mikroklimatisch extremer. Die Höhengrenze für Flechten
liegt bei etwa 2500 m. Schneedrift und -korrasion beeinträchtigen
oder verhindern das Wachstum zusätzlich, wie auch generell an
Standorten, die Schneestürmen mit ihrer Kristallkorrasion ausgesetzt
sind.
Die Flechten lassen sich untergliedern (Kappen 1994):
Nabelflechten (bis 25 cm Durchmesser; z. B. Umbilicaria aprina );
Bartflechten (bis zu 20 - 45 cm lang; z. B. Bryoria chalybeiformis ,
Usnea aurantiaco-atra );
Strauchflechten (z. B. Usnea antarctica , Ramalina terebrata );
Blattflechten (z. B. Umbilicaria antarctica );
Krustenflechten (z. B. Caloplaca , Xanthoria , Rhizocarpon geographi-
cum ).
Küstenfelsen und niedrige Strandterrassen sind häufig dicht besiedelt
von verschieden farbigen Flechten, meistens Caloplaca - und Xanthoria -
Arten. Solche Standorte werden als ornithocoprophil bezeichnet,
da sie in der Nähe von Seevogelkolonien vorkommen. Bestimmte
Flechtenarten ertragen nicht nur die höhere Nährstoffkonzentration
(N, P), sondern werden in ihrem Wuchs gefördert. Derartige, von
Flechten oder Moosen üppig bewachsene Standorte beleben durch
ihre Farbigkeit die grau-dunkle Patina der Kältewüste.
Zuwachsraten bei Flechten
Selbst in der klimatisch begünstigten West-Antarktis ist die Zuwachs-
rate bei Flechten gering. Kappen (1987) schätzt, dass die 5 - 8 cm
hohen Strauch- und Bartflechten in zwei bis drei Jahrhunderten nur
ein halbes Gramm Trockengewicht zulegen. Das mag die Verletzlich-
keit und begrenzte Regenerationsfähigkeit antarktischer Lebensräu-
me unterstreichen, zumal insbesondere auf unvergletscherten Stand-
orten wissenschaftliche Stationen gegründet werden und damit
anthropogene Schädigungen oder Zerstörungen der kargen Flora
unvermeidlich sind. Eine zunehmende Gefährdung bringt die Aus-
weitung des Kreuzfahrttourismus mit sich, da vor allem die eisfreien
Kältewüsten-Standorte mit ihrer Fauna besucht werden. Das fest-
ländische antarktische Ökosystem dokumentiert Anpassungsfähig-
keit an extreme klimatische Rahmenbedingungen, ist jedoch schlecht
gepuffert gegenüber anthropogenen Eingriffen.
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