Geoscience Reference
In-Depth Information
Für Oberflächenwellen ergibt sich die längs eines Wegs
der Länge S kumulierte Variation der (wegen der Dispersion
frequenzabhängigen) Gruppen- oder Phasengeschwindigkeit
v .¨/ als auf die Weglänge S normierter Mittelwert der lo-
kalen Geschwindigkeitsvariationen v .¨;™;œ/ W v .¨/ D
.1= S / S R v .¨;™;œ/ ds.
Die Form der beiden Residuen von Laufzeit und Ge-
schwindigkeit ist sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich jedoch
darin, dass die Laufzeitverzögerung ein dreidimensionales,
von der Frequenz unabhängiges Problem darstellt, die Ge-
schwindigkeitsvariation dagegen als ein von der Frequenz
abhängiges, zweidimensionales. Die Tiefenvariation ergibt
sich hierbei durch Lösung für verschiedene Frequenzen von
Oberflächenwellen. Hierbei wird ausgenutzt, dass tieffre-
quente Oberflächenwellen eine größere Eindringtiefe besit-
zen als hochfrequente. Auf beide Weisen kann somit die
dreidimensionale Verteilung der gesuchten Größen ermittelt
werden (siehe z. B. Woodhouse & Dziewonski 1984 ; Wei-
land et al. 1995 ) .
Neuere Ansätze gehen über die Strahlentheorie hinaus
und werten statt der Ersteinsätze seismischer Phasen de-
ren Wellenzug im Ganzen bzw. in Teilen aus (Nolet 2008 ;
Virieux & Operto 2009 ; Nolet 2011 ) . Dabei wird die Ver-
zögerung t als das Argument der Kreuzkorrelationsfunk-
tion (siehe ( 3.137 ) ) zwischen gemessenen und berechneten
theoretischen Wellenphasen ˆ mess und ˆ theor bestimmt, für
welches sie maximal wird:
Blöcken zu berechnen. Wenn jedoch an genügend vielen ver-
schiedenen seismologischen Stationen Seismogramme be-
züglich jeweils unterschiedlicher Strahlwege S i aufgezeich-
net werden, so ergibt sich eine hinreichend gute Überde-
ckung des in Blöcke unterteilten Untergrunds. Dann ergeben
sich die Laufzeitdifferenzen aus:
t i D X
j
` i ; j
u j :
(3.65)
Macht man nun den Grenzübergang zu sehr kleinen Strahl-
weginkrementen, so kann man die Differenzen
u
durch die entsprechenden Differenziale @ t und @ u ersetzen.
Somit erhält man aus ( 3.65 ) das Strahlweg-Inkrement
t und
` j ; j des
i-ten Strahls im j-ten Block aus der partiellen Ableitung der
Laufzeit des i-ten Strahls nach der reziproken Geschwindig-
keit des j-ten Blocks: ` j ; j D @ t i =@ u j . Sind ebenso viele Strahl-
wege wie Blöcke vorhanden, ist dieses Problem für fehler-
und rauschfreie Daten eindeutig lösbar. Gibt es mehr Strahl-
wege als Blöcke, so ist das Problem überbestimmt. Aufgrund
von Fehlern und Rauschen in den Daten sowie der notwendi-
gerweise vereinfachenden Parametrisierung des Untergrunds
ist das Problem jedoch gleichzeitig unterbestimmt. Solche
gleichzeitig über- und unterbestimmte Probleme können mit
der Methode der verallgemeinerten Inversen mit Hilfe einer
Singularwertzerlegung (singular value decomposition) ge-
löst werden. Diese kann aus Platzgründen hier im Kasten 3.9
nur skizziert werden. Eine ausführliche Darstellung findet
sich beispielsweise bei Menke ( 1989 ) , eine auf die seis-
mische Tomografie bezogene Zusammenfassung bei Lay &
Wallace ( 1995 ) . Führt man den Datenvektor der Laufzeitdif-
ferenzen d D @ t i ein, die Matrix G D ` i ; j D @ t i =@ u j sowie
den Parametervektor m D @ u j der Differenzen der rezipro-
ken Geschwindigkeiten, so lautet das direkte Problem ( 3.65 )
in Matrix-Schreibweise:
Z
£ 2
t D arg max
£ 1 t £ 2
C . t / D
ˆ mess .£/ˆ theor t / d £:
£ 1
(3.64)
Das Integrationsintervall [ £ 1 , £ 2 ] umfasst alle Zeiten, in de-
nen der Integrand von ( 3.64 ) nicht verschwindet. Es stellt da-
mit eine integrale Größe dar für ein Zeitintervall von mindes-
tens der Länge der dominanten Periode von
ˆ 1 . Insofern un-
terscheidet sich die mit Hilfe der Kreuzkorrelation ermittelte
Verzögerung t grundsätzlich von jener, die mit Hilfe der
Einsätze von Phasen entsprechend ( 3.63 ) bestimmt wurden,
und nutzt die gesamte im Wellenzug enthaltene Information.
Unabhängig von der Art der Definition der Verzöge-
rung
d D G m
:
(3.66)
Ganz allgemein kann man hierbei G als einen Operator auf-
fassen, welcher den Vektor der Modelldaten m auf den der
vorhergesagten Daten d abbildet.
Wären die Daten frei von Fehlern und das Geschwindig-
keitsmodell exakt, so könnte man ( 3.66 ) direkt invertieren,
also nach den im Umkehrproblem gesuchten Parametern m
auflösen, den Differenzen der reziproken Geschwindigkei-
ten. Diese direkte Inversion erweist sich jedoch als proble-
matisch, weil einerseits die Daten d fehlerbehaftet sind und
andererseits das Modell m die Geschwindigkeitsvariationen
im Untergrund nicht perfekt wiedergibt. Das Gleichungssys-
tem ( 3.66 ) ist daher inkonsistent und meist unterbestimmt.
Daher geht man einen anderen Weg und sucht stattdessen je-
nes Modell zu bestimmen, welches die Daten im Mittel am
besten anpasst. Dies gelingt, wenn die Anzahl der N Beob-
t wird im Rahmen der Tomografie das Startmodell
der berechneten Vorhersage an die Daten angepasst, in der
Regel indem die Summe aller quadrierten Abweichungen
minimiert wird. Dies wird im Folgenden am Beispiel der
aus den Ersteinätzen ermittelten Laufzeitverzögerung erläu-
tert: Diskretisiert man den Stahlweg S 0 im Untergrund für
( 3.63 ) in diskrete Blöcke mit ihren jeweiligen Strahlweg-
Inkrementen ` j und Differenzen der reziproken Geschwin-
digkeiten
u j , so ergibt sich die gesamte Laufzeitdifferenz
zu t D P ` j u j . Eine Aufzeichnung an einer seismo-
logischen Station reicht offensichtlich nicht aus, um die
Differenz der reziproken Geschwindigkeit u j in mehreren
 
 
 
 
 
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