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Kasten 6.1 Jean-Baptiste Joseph Fourier §
(* 21. März 1768 in Auxerre, Frankreich; † 16. Mai
1830 in Paris, Frankreich) war ein französischer Ma-
thematiker, Physiker und Politiker. Seine Entwicklung
der Theorie des Wärmeleitung und, damit verbunden,
der Methode zur Entwicklung von (nicht notwendiger-
weise stetigen) Funktionen in unendliche trigonome-
trische Reihen von Sinus- und Kosinus-Gliedern war
wegbereitend sowohl für das Verständnis der Wärme-
diffusion als auch für die Lösung zahlreicher anderer
Randwertprobleme der Physik und Ingenieurwissen-
schaften.
Fouriers wissenschaftlicher Rang als einer der be-
deutenden Mathematiker des 19. Jahrhunderts gründet
sich auf seine 1822 erschienene Theorie der Wär-
meausbreitung und -leitung ( Théorie analytique de
la chaleur ), die er auszugsweise schon 1807 und
1812 der Académie vorgelegt hatte. Die von ihm ein-
geführte Methode der Entwicklung von Funktionen
in Fourier-Reihen bzw. ihre Darstellung als Fourier-
Integrale erwies sich nicht nur in der Mathematik,
sondern auch der theoretischen Physik als außeror-
dentlich leistungsfähig. Fourier formulierte das nach
ihm benannte Gesetz der stationären Wärmeleitung
und definierte für dieses Randwertproblem die Materi-
aleigenschaft der Wärmeleitfähigkeit als Quotient aus
der pro Zeiteinheit durch eine Einheitsfläche hindurch-
strömenden Wärme und dem Temperaturgradienten
senkrecht zu dieser Einheitsfläche. Das zugehörige in-
stationäre Rand- und Anfangswertproblem wird durch
die Diffusionsgleichung beschrieben, in der die ther-
mische Diffusivität des Materials beschreibt, wie Tem-
peraturdifferenzen mit der Zeit durch Wärmediffusion
ausgeglichen werden. Es zeigte sich, dass dieselbe Ge-
setzmäßigkeit auch den Ausgleich von Unterschieden
der Konzentration (erstes ficksches Gesetz) und der
elektrischen Feldstärke (ohmsches Gesetz) beschreibt.
Somit beschrieb Fourier als erster die Physik der Dif-
fusion.
Darüber hinaus befasste sich Fourier u. a. mit Pro-
blemen der Wahrscheinlichkeitstheorie, der Statistik
und der Theorie der Gleichungen. Fouriers Überle-
gung, ob die Erdatmosphäre nicht als ein thermischer
Isolator wirken könne, wird allgemein als erster An-
satz für die Theorie des atmosphärischen Treibhaus-
effekts betrachtet. Nicht zuletzt führte er auch den
Begriff der physikalischen Dimension ein und damit
die Dimensionsanalyse. Mit ihrer Hilfe werden phy-
sikalische Größen, wie etwa Geschwindigkeit oder
Beschleunigung, durch die ihnen zugrunde liegen-
den SI-Einheiten für Länge, Zeit, Masse, elektrischer
Strom, Temperatur, Stoffmenge und Lichtstärke aus-
gedrückt (Tab. 7.4 ; siehe auch Abschn. 1.3 ) .
§ nach: Brockhaus-Enzyklopädie Online 2011 ,
Aufruf: 15.02.2011; Encyclopaedia Britannica Online
2011 , Aufruf: 15.02.2011;Wikipedia 2011 (auch Bild-
quelle: © Portrait von Julien Léopold Boilly, 1796-
1874), Aufruf: 15.02.2011.
Fourier, Sohn eines Schneiders, wurde bereits mit
acht Jahren Waise. Er besuchte zunächst die Militär-
schule in Auxerre, später eine Ordensschule. Schon
in jungen Jahren erwies er sich als hoch begabt für
die Mathematik und wurde bereits 1789 Mathematik-
lehrer an seiner alten Militärschule in Auxerre. Er
beteiligte sich aktiv an der im selben Jahr ausbre-
chenden Französischen Revolution und war einer der
ersten Studenten der 1794 neu gegründeten École nor-
male supérieure in Paris. Dort erhielt er bereits ein
Jahr später eine Anstellung und wirkte in den Jahren
1796-98 als Professor für Mathematik an der Éco-
le polytechnique. Fourier gehörte 1798 bis 1801 dem
wissenschaftlichen Stab von Napoleons ägyptischem
Feldzug an und war 1802 bis 1815 Präfekt des Dépar-
tements Isère in Grenoble. Er sorgte für die endgültige
Trockenlegung der Sümpfe bei Lyon, wodurch die
Malaria dort endgültig ausgerottet wurde. 1817 wurde
er Mitglied und 1822 ständiger Sekretär der Académie
des Sciences.
 
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