Geoscience Reference
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sichtigt die Wirkung der Gezeiten. Anschließend werden
die gemessenen Schwerebeschleunigungen vergleichbar ge-
macht, indem der örtlich variable Einfluss unterschiedlicher
Faktoren beseitigt wird. Diese Reduktionen berücksichtigen
den Einfluss unterschiedlicher Messpunkthöhen im Schwe-
refeld der Erde, die Gravitationswirkung von Massenüber-
schüssen bzw. -defiziten oberhalb und unterhalb eines Mess-
punkts, der darunter gelegenen (ebenen bzw. sphärischen)
Platte sowie der Luftschicht zwischen Messpunkt und Be-
zugsniveau. Die Schwereanomalie g P am Messpunkt P
wird in der Geophysik definiert als Differenz
g T und g B ergibt die Bouguer-Anomalie (Bouguer anoma-
ly) g B .
4.3.1.1 Korrektur zeitlicher Variationen:
Instrumentengang und Gezeiten
Wie die meisten empfindlichen Messgeräte weisen auch
Gravimeter einen Instrumentengang auf. Dieser wird einer-
seits durch Temperaturschwankungen verursacht. Anderer-
seits bewirkt die natürliche Alterung eine Änderung der
elastischen Eigenschaften des Federsystems mit der Zeit.
Dies wird bei Schweremessungen in geeigneter Weise kor-
rigiert - entweder durch Parallelregistrierung oder durch
Wiederholungsmessungen an einem Bezugspunkt. Aus der
Variation der Schwere mit der Zeit am Bezugspunkt wird
eine Gangkurve bestimmt und dieser Instrumentengang von
den Messwerten an den Beobachtungspunkten abgezogen.
Weitere Variationen der Schwerebeschleunigung mit der
Zeit werden durch die Gezeiten bewirkt. Die Theorie der
Gezeiten ist gut bekannt. Ihre zeitabhängige Wirkung auf
die Schwere kann mit hoher Genauigkeit für jeden Ort und
jeden Zeitpunkt berechnet werden. Der Maximaleffekt der
kombinierten Mond- und Sonnengezeiten auf die Schwere-
beschleunigung an der Erdoberfläche beträgt etwa 3 ms 2 .
Somit ist der Gezeiteneffekt groß in Hinsicht auf die Auflö-
sung moderner Gravimeter von 0,05 ms 2 .
Die Korrektur der Gezeitenwirkung kann entweder rech-
nerisch (z. B. Longman 1959 ) oder mit Hilfe tabellierter
Werte erfolgen. Auch gibt es Programme zur Berechnung der
Erdgezeiten und ihrer Analyse (z. B. Van Camp & Vauterin
2005 ) , die im Internet vom International Center for Earth Ti-
des (ICET) 35 bezogen werden können. Alternativ kann die
Gezeitenkorrektur zusammen mit der Gangkorrektur ange-
bracht werden, wenn der Gezeitengang an einer Basisstation
registriert wird. Erfolgen die Messungen nur mit einem Ge-
rät und deshalb am Basispunkt zu diskreten Zeiten, so ist
damit nur eine stückweise lineare Näherung des Gezeiten-
ganges möglich, was aber oft ausreicht. Instrumentengang
und Gezeiteneinfluss werden in der Driftkorrektur g D zu-
sammengefasst, welche vom Messwert abgezogen wird.
g P D g P P
(4.67)
zwischen dem Messwert am Punkt P und dem dortigen Wert
der Normalschwere 43 . Hierzu wird aus der auf dem Niveau-
ellipsoid (GRS80 bzw. WGS84) definierten Normalschwere
0 mit einer Anzahl von Reduktionen der von der Höhe
h und geografischen Breite ¥ abhängige Wert der Normal-
schwere P . h ;¥/ am Messpunkt P berechnet:
P D ” 0
g F C •
g B
g T :
(4.68)
Damit werden die Messwerte auf ein einheitliches Niveau,
ebene Topografie und einheitliche mittlere Krustendichte re-
duziert. Im Einzelnen berücksichtigt die Freiluftreduktion
(free air reduction)
g F den Einfluss unterschiedlicher Mess-
punkthöhen im Schwerefeld der Erde auf die gemessene
Schwerebeschleunigung. Die Geländereduktion (terrain re-
duction) g T bereinigt die Schwerebeschleunigungen durch
Massenüberschüsse bzw. -defizite ober- bzw. unterhalb des
Messpunktes in Form von Bergen und Tälern in dessen Um-
gebung und ebnet somit die Topografie rechnerisch ein. Die
Bouguer-Reduktion g B bereinigt die Schwerebeschleuni-
gungen aufgrund der (durch die Geländereduktion einge-
ebneten) ebenen bzw. sphärischen Schicht zwischen Mess-
und Bezugsniveau - früher meist das Geoid (bzw. NN), seit
der Verfügbarkeit hoch genauer GPS-Höhendaten das Ni-
veauellipsoid. Die atmosphärische Reduktion (atmospheric
reduction) g A schließlich berücksichtigt die Schwereanzie-
hung durch die zwischen Bezugshorizont und Messpunkt
gelegene Luftschicht. Diese Reduktion ist zwar prinzipiell
erforderlich, da die aus Satellitendaten bestimmte Normal-
schwere die Schwereanziehung der atmosphärischen Luft-
massen beinhaltet. Sie erbringt aber häufig keinen signifi-
kanten Beitrag.
Die korrigierten Schwerewerte werden nach Anbringen
der Driftkorrektur und unterschiedlicher Reduktionen in
Form zweier Anomalien dargestellt: Nach Anbringen der
Freiluft- (und ggf. der atmosphärischen) Korrektur ergibt
sich die Freiluftanomalie (free air anomaly) g F . Zusätz-
liches Anbringen der Gelände- und Bouguer-Reduktionen
4.3.1.2 Die Breitenabhängigkeit
der Normalschwere
0
Die Formeln ( 4.63 ) und ( 4.64 ) definieren die Normalschwe-
re
.Damitwirdder
Breiteneffekt korrigiert, indem man den breitenabhängigen
Wert der Normalschwere 0 .¥/ von der gemessenen verti-
kalen Schwerebeschleunigung g P am Messpunkt P abzieht.
Die Breitenkorrektur setzt daher eine genaue Positionsbe-
stimmung voraus: Die Abhängigkeit der Normalschwere
von der Positionsbestimmung ergibt sich aus ihrer Ableitung
nach der geografischen Breite. Hierbei können die Terme
mit höherer als quadratischer Ordnung in ( 4.64 ) vernach-
lässigt werden, da sie das Ergebnis im Rahmen der Mess-
0 .¥/
für jede geografische Breite
¥
43
g P wird in der Geodäsie als Schwerestörung (gravity disturbance)
bezeichnet.
 
 
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