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Wenn wir uns dafür unter seine Dusche stellen können, soll's mir nur recht sein, dachte
ich mir. Ein paar Stunden später schäme ich mich für diesen Gedanken.
In einem für diese Gegend typischen Haus aus Lehm und Stroh, halb weiß, halb blau
gestrichen, erwarteten uns seine Frau und seine vier Kinder, die nicht besonders über-
rascht schienen, dass Oralbeck Gäste mitbrachte. Vielleicht hatte er sie auch, ohne dass
wir es bemerkt hatten, übers Handy informiert? In dem kleinen hübschen Garten, der
sich zwischen Haus und einem hohem Zaun befindet, sitzen wir nun und lassen es uns
gut gehen.
In der Mitte dieses kleinen Paradieses steht ein großblättriger Baum, der Schatten
spendet. Alles hier ist selbst gemacht. Genau Hansens Welt. Mit brennendem Interesse
begutachtet er die Wasserpumpe und die selbst gezimmerten Möbel, die aus alten Teilen
zusammengesetzt sind. Das Haus, in dem die sechsköpfige Familie wohnt, besteht aus
gerade mal einem Raum, mit einem Sofa, das sich zum Bett ausziehen lässt, einem Regal
und einem flachen Tisch, von Sitzkissen umgeben.
»Alles, was man braucht!« Hansen sieht so aus, als würde er gern hierbleiben. »Mal
im Ernst, Paul, wir denken immer, wir bräuchten alles - Spülmaschine, Computer, Fe-
derbett … aber guck, ist doch viel schöner so.«
»Ich erinnere dich beim nächsten Mal daran, wenn du mal wieder vergisst, die Spül-
maschine überhaupt nur auszuräumen!«
Uns wird etwas Ähnliches wie Pasta mit Schafsfleisch und hausgemachtem Brot ser-
viert, und die Kinder spielen draußen mit unseren Rädern und den iPhones. Jedes Mal,
wenn wir aufgegessen haben, wird nachgeliefert, ich habe bald das Gefühl zu platzen.
Nach dem dritten Teller muss ich an einen Ratschlag denken, den mein Vater mir ir-
gendwann gegeben hat: »Wenn du keinen Hunger mehr hast, lass etwas auf deinem
Teller liegen!« Es funktioniert.
Nach dem Essen gibt es neugierigen Besuch von zwei giggelnden Frauen, so hoch
wie breit, die uns als »Singles« vorgestellt werden. »Ach, deswegen wollten die vorhin
unbedingt wissen, ob wir verheiratet oder verlobt sind!«, zwinkere ich Hansen zu.
Nachdem Oralbecks Frau uns mit Brot und einigen Flaschen von dem erfrischenden Ay-
ran, einem salzigen Joghurtgetränk, ausgestattet hat, verabschieden wir uns von unserer
Gastfamilie und setzen unsere Fahrt fort.
»Mann, war das gut«, höre ich Hansen hinter mir murmeln. Während er stark und
gesättigt aussieht, macht seine Gurkenpflanze einen erbärmlichen Eindruck. Lässt sich to-
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