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Sasch baut sich vor uns auf: »Warum sprecht ihr kein Russisch?«, schreit er und kommt
dabei mit seinem faulig stinkenden Mund immer näher an mein Gesicht. Aus seinem
Mund schäumt es. Er streckt mir seine massige Brust in einem verdreckten, verschwitz-
ten weißen T -Shirt entgegen und scharrt mehrfach auffordernd mit seinen ausgetretenen
Flipflops im sandigen Straßenbelag. Weil wir kaum etwas von dem verstehen, was er
sagt, wird er nur noch wütender.
Sein Handlanger ist ein schmächtiger Typ mit kurzen schwarzen Haaren und einem
fleckig gewachsenen, dünnen Bärtchen. Den dritten können wir nur schemenhaft erken-
nen, er ist hinter den getönten Scheiben des Vans sitzen geblieben, wahrscheinlich um
uns schnell folgen zu können, sollten wir doch versuchen abzuhauen.
Wir stehen da, die Räder zwischen die Beine geklemmt, und haben keinerlei Mög-
lichkeit auszuweichen. Abspringen und wegrennen geht nicht. Klar wäre das vernünfti-
ger, aber was passiert dann mit den Rädern? Wahrscheinlich würde der Typ in dem Van
sofort aus Spaß drüberrollen. Und selbst wenn wir abhauen würden - wohin sollten
wir? Verstecken kann man sich in dieser kargen Einöde nirgends. Sasch versucht, uns
von den Rädern zu zerren, aber irgendwie schaffen wir es standzuhalten. Stück für Stück
nimmt er unsere Ausrüstung auseinander, schaut mich mit gefletschten Stumpen und
verbissenem Blick an, während er versucht, unsere bis drei Meter sturzfeste Outdoor-Ka-
mera mit der bloßen Hand zu zerdrücken. Ein lächerlicher Versuch, und der Misserfolg
macht ihn nur noch rasender. Er ist blind vor Wut, brüllt uns in einem fort an.
Zuerst schlägt Sasch Hansen in den Magen, sodass der sich vor Schmerzen über sei-
nem Lenker krümmt, dann bin ich dran. Ich spanne meine Bauchmuskeln an und versu-
che, Abstand zu halten, aber Saschs feiger Handlanger steht hinter mir und hält mein
Rad fest. Immer wieder ruft er mir hysterisch zu: »Fahr doch, na fahr doch, du
Schwächling«, nur um uns, sobald wir einen Tritt getan haben, an den Gepäckträgern
festzuhalten und gackernd aufzulachen. Sasch beginnt, wie ein Wilder die an unsere Rä-
der montierten Kameras abzureißen und auf den Boden zu schmeißen. Danach zieht er
mein iPhone aus der Halterung und steckt es sich feixend in die Hose, um mir gleich
darauf erneut ordentlich eine zu klatschen.
Diesmal hat er mich nicht richtig hart getroffen, trotzdem beuge ich mich in simu-
liertem Schmerz hinunter und ziehe dem ekelhaften Ungeheuer mein Handy wieder aus
der aufgesetzten Seitentasche seiner Cargohose. Er merkt es nicht. Mein ganzes Leben ha-
be ich es geschafft, mich durch Beschwichtigungen aus Schlägereien herauszuhalten,
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