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Kopfschmerzen ebenfalls. Erst in den frühen Morgenstunden falle ich erleichtert in einen
tieferen Schlaf und wache erst um neun Uhr wieder auf.
Trotz der Sorgen und Strapazen der Nacht bin ich erholt und ausgeruht. Ich schaue
ins Vorzelt und sehe, wie das Eis schmilzt und die Tropfen am unteren Ende der Zelt-
wand in der Sonne glitzern, bevor sie zu Boden fallen. Draußen jagen sich Murmeltiere
gegenseitig über den felsigen Boden. Denen scheinen weder Höhe noch Kälte etwas aus-
zumachen, sie sind die ganze Nacht um unser Zelt gesteppt.
Ich schaue auf mein Thermometer: »Minus zehn Grad waren es heute Nacht, Paul.
Die kälteste Nacht der ganzen Tour bisher.«
»Und die höchste!«, gähnt Paul.
»Wie geht es dir?«
»Formidabel. Einwandfrei. Gut, dass wir so viel Zeit in die Wahl der Schlafsäcke ge-
steckt haben«, antwortet er.
Wir lassen uns Zeit, denn wir sind durch unsere vorzeitige Passüberquerung einen
Tag im Voraus. Als wir frühstücken wollen, zieht ein Unwetter auf, und wir erreichen
gerade so eine schützende Eisenbahnbrücke, bevor es heftig anfängt zu schneien. Wir
wollen auf besseres Wetter warten und machen eine Verpflegungsinventur. Das Essen
müsste noch circa eine Woche reichen, wenn wir sparsam sind. Über uns rast der Zug
nach Lhasa hinweg. Jedes Mal wenn ich ihn höre, frage ich mich, wer wohl darin sitzt.
Wer die Glücklichen sind, die nach Tibet fahren dürfen. Ich merke, dass ich die Enttäu-
schung noch nicht überwunden habe. Vor allem jetzt, wo wir nur ein paar Hundert Ki-
lometer weit entfernt sind, fällt es noch schwer, nicht einfach der Hauptstraße nach Lha-
sa zu folgen.
DAS ANDERE TIBET / 24. AUGUST / YUSHU-GLETSCHER
PAUL
»Da vorne ist die Abfahrt«, brüllt Hansen gegen den Wind. Wir haben die schützende
Eisenbahnbrücke mit dem ersten Sonnenstrahl verlassen und fahren auf den so viel ver-
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