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nämlich ausschließlich zelten und versuchen, die entferntesten Regionen zu durchfah-
ren. Nach einer kurzen Pause verabschieden sie sich und fahren weiter, da sie stark unter
Zeitdruck sind und nur noch fünf Wochen für die gesamte Strecke haben. Da wir nach
der Pause gegen einen starken Wind anfahren müssen, fahren Hansen und ich im Wind-
schatten des anderen, immer 20 Kilometer im Wechsel. Wir fahren dabei nicht mehr als
zehn Zentimeter vor- bzw. hintereinander, während der Hintere seine Kräfte sammelt,
schneidet der Vordere eine Schneise durch den Wind. Nur eine Stunde später preschen
wir wieder an den drei Russen vorbei, die nebeneinander gegen den Wind ankämpfen.
Wir erklären ihnen noch unsere Windschattentechnik, bevor wir uns endgültig verab-
schieden, denn wir wollen noch ein paar Kilometer dranhängen, während die drei Sibi-
ren ihren Schlafplatz direkt hinter der Stadt aufschlagen.
Als auch wir endlich unser Zelt aufgeschlagen haben, sind wir erschöpft. 130 Kilome-
ter gegen den Wind bei brütender Hitze. Wir waschen uns mit etwas schlammigem
Wasser aus dem Dorf und essen zu Abend. Gerade als wir schlafen wollen, hören wir
einen irren Knall. Was zum Teufel war das? Hier ist doch weit und breit überhaupt
nichts. Wir kriechen aus dem Zelt. Im Dämmerlicht sehen wir, dass etwa 200 Meter
weiter die kilometerlange Hochspannungsleitung aus unerfindlichen Gründen gerissen
ist. Nach und nach verliert das Kabel an Spannung, zieht sich von Mast zu Mast aus den
Isolatoren und schleift, gefolgt von einer Staubwolke, über den Boden. Die Masten wa-
ckeln bedrohlich, bleiben aber stehen. Aus sicherer Entfernung beobachten wir die
Abendvorstellung. »Never lean on anything in China« , wiederholt Hansen die Worte von Rob,
einem in Hanshou lebenden Amerikaner, den wir in Kashgar getroffen haben.
Ein paar Tage später sind wir schon in Qiemo und haben einen großen Teil der meist
unspektakulären Wüste gemeistert. In den Nächten schlafe ich schlecht. Mehrfach wache
ich auf, weil ein starker Wind am Zelt reißt und rüttelt. Wenn wir um sechs Uhr aufste-
hen, sind unser Zelt und die Räder mit einer dicken Staubschicht bedeckt und meine Au-
gen brennen. Fast jede Nacht tobt ein Sandsturm und nichts wird dabei verschont, der
Schlafsack, die Taschen, einfach alles. Angeekelt huste ich auch heute grauen Schleim aus
und versuche, meine verstopfte Nase vom Staub zu befreien. Wir fahren los, kommen
aber nicht weit. Wieder versinkt die Straße unter einer dicken Sandschicht. Aber diesmal
ist es anders.
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