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uns mit Händen und Füßen, und sie gestikulieren wild und wütend über die neue Stra-
ße. Sie kommen nicht mehr zu ihren Feldern auf der anderen Seite, erklären sie uns, da-
her haben sie den Zaun halt eingerissen. Eselskarren und Pferde dürfen nicht auf die
Mautstraße, und das wollen sie ja auch gar nicht, sie wollen nur zu ihren Freunden auf
der anderen Seite und zu den Feldern. So sitzen sie achselzuckend da. Die Polizei würde
den Zaun immer wieder flicken, schimpft der eine. Aber sie wurden nie gefragt, ob sie
die Straße wollen. Die wurde einfach gebaut.
Nach der Pause geht es auf der schnurgeraden, eingezäunten Straße weiter. Hinter
dem Zaun sind die schönsten Wäldchen, Seen und Wiesen zu sehen - aber erneut weit
und breit keine Möglichkeit, von der Straße abzufahren. Die Straße ist durch alles hin-
durchgebaut worden, was ihr in die Quere kam: Als wir ein Dorf durchfahren, sind an
den Seiten der Straße halbe Häuser hinter dem Zaun zu sehen, sogar ein Grabhügel ist
durchgraben worden, sodass man die Grab-Höhlen aus Stein wie im Querschnitt be-
trachten kann, ein gruseliger Anblick.
Langsam verwandelt sich die Umgebung von der grünen Oase um Kashgar herum zu
einer der größten Sand- und Steinwüsten der Welt: der Taklamakan-Wüste. Und wir ha-
ben nicht mal Gelegenheit, in den Dörfern abzufahren und Wasser zu holen, die Straße
ist vollkommen isoliert! Noch ist der Wassertank gefüllt und die Vorräte reichen aus,
aber das kann sich bald ändern …
Nach fast 80 Kilometern entdecken wir eine Stelle, an der der Zaun von einem Was-
sergraben unterspült ist. Wir schlüpfen mit den Rädern darunter hindurch und lassen
uns zum Abend in einem kleinen Wäldchen nieder.
Der nächste Tag geht auf der eingezäunten Straße weiter. Zu allem Unglück fängt er
direkt mit einem Platten an. Ich mache mich daran, das Löchlein zu flicken. Glücklicher-
weise sind die nach der Seidenstraße benannten Silkroad-Räder von tout terrain so kon-
struiert, dass es keine sieben Minuten dauert, bis das Rad geflickt und man wieder unter-
wegs ist. Auch im nächsten Dorf, an dem wir vorbeikommen, haben die Einwohner kur-
zerhand ein Loch in den Zaun geschnitten, um zur anderen Seite zu kommen. Weil wir
immer noch dringend nach Wasser suchen, schlupfe ich hindurch und frage im Dorf
nach. Bedauernd werde ich von einer nur Luft saugenden Wasserpumpe zur anderen ge-
führt: »Heute gibt es kein Wasser«, gibt mir ein alter Mann mit faltigem Gesicht zu ver-
stehen und macht ein trauriges Gesicht. Aber er winkt mich zu sich: »Komm, komm zu
meinem Haus, da hab ich noch welches.« So folge ich ihm, eskortiert von einer Schar
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