Travel Reference
In-Depth Information
»Und vielleicht haben der liebe Paul und der liebe Hansen auch einfach mal mehr
Glück als diese Miesepeter, die zur Grenze fahren und fragen: Entschuldigung, hier darf
ich doch sicher nicht durch, oder?«
»Genau!«, rufe ich, und wir lehnen uns entspannt zurück. Wir fühlen uns wie zwei
tapfere Krieger, die endlich ein klares Ziel vor Augen haben.
Am nächsten Morgen liege ich schon früh wach. An Hansens wackelndem Fuß merke
ich, dass auch er nicht mehr schläft. Es ist der 14. Juli.
»Und, was meinst du zu unserem gestrigen Beschluss im nüchternen Zustand?«, fra-
ge ich ins Kopfkissen nuschelnd. Ich habe Angst vor einem Rückzug, ich selbst bin mir
nicht mehr ganz sicher.
»Keine Änderung, ich steh dazu. Es ist riskant, aber nicht gefährlich.« Hansen ist sich
sicher, also bin ich es auch.
Der Entschluss steht - wir wollen durch Tibet. Beflügelt von der eigenen Abenteuer-
lust, verbringen wir die nächsten zwei Tage mit den Vorkehrungen für die Weiterfahrt.
Wir lassen uns durch die Stadt treiben, besuchen eine Moschee und laufen über sämtli-
che Märkte, durch die Gießerei und die Schmiedestraße, wo es überall dampft, klopft
und zischt, das chinesische Viertel, in das man nur durch einen Metalldetektor eintreten
darf und das nur einen Bruchteil der Stadt ausmacht, der Rest ist uigurisch. Es tut gut,
mal wieder ein paar Tage ohne Drahtesel unterwegs zu sein, aber nach vier Tagen reicht
es uns. So schön Kashgar ist, wir sind nicht hier, um Sightseeing zu betreiben.
Am 17. Juli stehen wir um fünf Uhr morgens nach Peking-Zeit auf, um noch vor der
Mittagshitze aus der Stadt zu sein. Wir sind motiviert, obwohl wir wissen, dass wir sehr
wahrscheinlich einen Umweg von knapp 400 Kilometer fahren werden. Es tut so gut,
diese Entscheidung getroffen und unsere Abenteuerlust wiedergefunden zu haben. Die
Straße zieht sich endlos als Autobahn über sanfte Hügel aus der Stadt. Man kann erah-
nen, dass die Wüste nicht mehr weit ist. Überall ist Sand, und die Luft ist staubig. Seltsa-
merweise ist links und rechts von der Straße Stacheldraht gespannt, der wohl verhindern
soll, dass man die Straße betreten kann. Leider kommen wir so auch nicht von der Straße
in den Schatten und müssen erst 50 Kilometer fahren, bevor wir eine Stelle für die Früh-
stückspause finden. Als wir endlich einen kleinen Durchbruch im Zaun sichten, tragen
wir unsere Räder zu einem Baum jenseits des Zauns. Lachend setzen sich zwei braunge-
brannte alte Männlein zu uns und teilen ihre Wassermelone mit uns. Wir unterhalten
Search WWH ::




Custom Search