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Auch das menschliche Gehirn praktiziert verschiedene Verfahren, um Gedächtnisinhalte zu ordnen.
Das deklarative Gedächtnis hat Fakten, das semantische Gedächtnis eher Bedeutungen, das proze-
durale Gedächtnis Routineabläufe bzw. Fertigkeiten und das emotionale Gedächtnis Gefühle im
Fokus der Verarbeitung. Alle diese Verfahren bilden einen Funktionszusammenhang, indem sie sich
gegenseitig bedingen und beeinflussen.
Im Gegensatz zum natürlichen Vorbild geht der nicht-modale Ansatz des Cognitive Com-
puting derzeit nicht nur von der Annahme zweier Systeme aus, die gewöhnlich als Kurz-
und Langzeitgedächtnis bezeichnet werden. Die empirischen und theoretischen Analysen
der letzten Jahre haben dazu geführt, dass die Annahme eines einheitlichen Kurz- und
Langzeitgedächtnisses heute in Frage gestellt wird. Insofern umfasst die Gedächtnisfunk-
tion sowohl das kurzzeitige Speichern einer begrenzten Menge von Daten und Informa-
tionen, die für aktuelle Verarbeitungsziele rasch abrufbar zur Verfügung stehen, als auch
einen permanenten Speicher, um Daten, Informationen und Wissen aus zurückliegenden
Denk- und Lernprozessen bereitzuhalten. Ebenfalls werden alle relevanten Strukturkom-
ponenten in einem Speicher vorgehalten, auf denen dann Funktionen des natürlichen
Modells arbeiten. So ist das sensorische System nicht direkt mit dem Gedächtnissystem
verbunden, sondern durch wahrnehmungsspezifische Komponenten gepuffert. Als Kurz-
zeitspeicher wird eine Funktion mit begrenzter Speicherkapazität angeboten, die nur eine
begrenzte Anzahl von kognitiven Einheiten zu einem Zeitpunkt aufnehmen und speichern
kann. Der Langzeitspeicher ist als eine Funktion realisiert, die Kenntnisse über Fakten,
Sachverhalte, Entitäten oder Vorgänge der Realität umfasst. Generell werden die Informa-
tionen semantisch in Form von Perzepten kodiert und gespeichert.
Die Hirnforschung geht davon aus, dass der Mensch über mindestens fünf Gedächtnisarten ver-
fügt, die unterschiedliche Zwecke erfüllen. Das episodische Gedächtnis rekonstruiert vergangene
Erlebnisse inklusive aller Empfindungen und Emotionen. Das semantische Gedächtnis speichert
faktisches Wissen. Im Arbeitsgedächtnis werden die Informationen nur so lange vorgehalten, wie
sie auch zur Anwendung kommen. Im prozeduralen Gedächtnis werden erlernte Fähigkeiten ge-
speichert. Auf das Gedächtnis für unbewusste Erinnerungen greift der Mensch zurück, ohne dass er
sich dessen bewusst ist.
Das Gedächtnissystem wird in diesem Buch als eine Systemkomponente aufgefasst, die
nicht nur Daten, Information und Wissen temporär speichert, sondern die auch an der Ver-
arbeitung dieser Konzepte beteiligt ist. Man kann dieses Gedächtnissystem damit durch-
aus als eine Art Arbeitsgedächtnis (working memory) oder Produktionsgedächtnis (pro-
duction memory) auffassen. Es umfasst sowohl extern wahrgenommene als auch intern
generierte Daten-, Informations- und Wissenskonzepte, die zur Verarbeitung anstehen,
und es hält die Ergebnisse kognitiver Operationen fest.
Diese Konzepte entsprechen den Chunks der kognitiven Psychologie. Chunks gelten als Wissens-
einheiten, deren Größe jedoch nicht festgelegt ist (z. B. Silben, Wörter, Sätze). Danach können
7 +/− 2 Chunks zu einem Zeitpunkt behalten und wiedergegeben werden. Neuere Befunde zeigen,
dass die Gedächtnisspanne nicht nur vom Prozess der Chunkbildung abhängig ist, sondern auch von
der Wiederholungsrate des Materials.
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