Database Reference
In-Depth Information
Schließlich sollte die Moglichkeit bestehen, neues Wissen in das System
einzugeben und damit seine Leistungsfahigkeit kontinuierlich zu steigern
( Wissensakquisition ).
Dies erforderte eine modulare Wissensreprasentationsform : Die Eingabe neuen
Wissens sollte nicht eine Umstrukturierung der ganzen Wissensbasis nach sich
ziehen.
Bis zu jenem Zeitpunkt gab es noch kein anderes System, das eine derart komplexe
Wissensbasis so klar von der Inferenzkomponente trennte. Buchanan, Shortliffe und
ihre Mitarbeiter mussten Pionierarbeit leisten. Die Inferenzkomponente von MYCIN
wurde spater zu einer bereichsunabhangigen System-Shell EMYCIN ausgebaut.
Im Anfangsstadium von MYCIN erwies es sich als außerordentlich nutzlich,
dass Shortliffe fruhzeitig einen einfachen Prototyp implementierte, mit dem man
Erfahrungen sammeln konnte. Dieses Ur-System wurde sukzessive ausgebaut und
den gesteigerten Anforderungen angepasst. Auch hier erwies sich die Modularitat
der Wissensbasis als sehr vorteilhaft.
MYCIN erzielte eine hohe Trefferquote bei der Diagnose bakterieller Infektio-
nen und machte gezielte Therapievorschlage. Dennoch wurde das System nie so breit
eingesetzt wie ursprunglich geplant. Trotz nachgewiesener Erfolge war die Akzep-
tanz dem System gegenuber nicht sonderlich groß. Hier muss man sicherlich beruck-
sichtigen, dass an eine fast selbstverstandliche Prasenz von Computern im Alltags-
leben, so wie wir es heute kennen, in den siebziger Jahren nicht zu denken war.
Gerade im sensiblen Bereich der medizinischen Diagnose mochte die grundsatzliche
Bereitschaft fehlen, einem anonymen und kaum verstandenen System zu vertrauen.
Wenn denn also MYCIN fur die Medizin nicht die Bedeutung erlangte, wie
seine Vater es sich gewunscht hatten, so brachte doch die damit verbundene For-
schungsarbeit fur die Computerwissenschaftler wichtige Erkenntnisse und Erfah-
rungen. MYCIN war ein Meilenstein in der Entwicklung wissensbasierter Systeme.
Zwar eroffnen heute graphische Benutzeroberflachen, Menuoptionen und multime-
diale Fahigkeiten ganz neue Perspektiven insbesondere fur die gesamte Interaktion
zwischen Benutzer und System, doch haben sich die grundsatzlichen Probleme und
Anforderungen bei der Konzipierung wissensbasierter Systeme kaum geandert. Die
Art und Weise, wie man in MYCIN modulares Wissen und transparente Inferenz
mit Benutzerfreundlichkeit und Erklarungsfahigkeit kombinierte, lasst es auch heute
noch als gutes und interessantes Beispiel eines wissensbasierten Systems erscheinen.
Im Rahmen des Kapitels Regelbasierte Systeme werden wir noch ein wenig ausfuhr-
licher auf die Behandlung der zentralen Fragen Wissensreprasentation und Inferenz
in MYCIN eingehen.
2.6
Aufbau und Entwicklung wissensbasierter Systeme
2.6.1
Architektur eines wissensbasierten Systems
Wie schon erwahnt, ist der wichtigste Aspekt eines wissensbasierten Systems die
Trennung zwischen der Darstellung des Wissens uber den betreffenden Problembe-
Search WWH ::




Custom Search