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In-Depth Information
Es ist schlichtweg unmoglich, eine reale Situation im logischen Sinne
vollstandig zu beschreiben. Ebensowenig lassen sich alle nur erdenklichen Aus-
nahmen zu einer Regel im allgemeinen Sinne anfuhren. Und selbst wenn dies
(in einem begrenzten Rahmen) realisierbar ware, so wurde doch die Uber-
prufung aller dieser Details viel zu lange dauern.
In vielen Dingen abstrahieren wir daher von unwichtig erscheinenden Aspek-
ten und konzentrieren uns auf das Wesentliche. Unvollstandige Information
kann also auch sinnvoll und beabsichtigt sein.
Wir konnen Situationsmerkmale ubersehen oder falsch wahrnehmen.
Uber Dinge, die in der Zukunft liegen, konnen wir nur spekulieren.
Naturliche Sprache ist oft kontextabhangig und selten ganz eindeutig. Hier
sind wir auf unsere Fahigkeit angewiesen, Dinge im Zusammenhang zu inter-
pretieren. Missverstandnisse konnen dabei allerdings nie ganz ausgeschlossen
werden.
Dennoch macht uns Menschen die Handhabung unvollstandiger Information kaum
Schwierigkeiten, wir benutzen sie im Gegenteil recht erfolgreich, um Entscheidun-
gen zu treffen oder um uns zu orientieren. Ja, es wird sogar (zu Recht!) als eine
besondere Intelligenzleistung angesehen, wenn man sein Wissen und seine Fahig-
keiten auch unter schwierigen, vielleicht sogar widerspruchlichen Bedingungen zur
Geltung bringen und ein Problem losen kann.
Menschen sind also hervorragende “nichtmonotone Schlussfolgerer”, und aus
diesem Blickwinkel betrachtet sollten wir also eher die nichtmonotonen Logiken als
“normal” empfinden. Woran liegt es dann, dass das Image nichtmonotoner Logiken
nach wie vor das eines schwer zu begreifenden Beiwerks ist?
G. Antoniou beschreibt in seinem Buch “Nonmonotonic reasoning” [4] dieses
Dilemma sehr treffend:
Try to explain what a default rule is and everybody will understand be-
cause everybody has come across them; try to explain that an extension
is a solution of the [fixpoint] equation Λ T (E)=E , and most people will
flee in panic!
Wir haben dieses Buch so aufgebaut, dass Sie (hoffentlich!) an diesem Punkt nicht
ebenfalls in Panik geraten, sondern neugierig genug geworden sind, um sich auf
die Herausforderungen der nichtmonotonen Logik einzulassen. Insbesondere werden
wir versuchen, Sie davon zu uberzeugen, dass eine sog. Default-Regel wirklich et-
was Alltagliches ist (z.B. Vogel konnen normalerweise fliegen ) und dass die obige
Fixpunkt-Gleichung vielleicht kompliziert, aber durchaus sinnvoll ist. Wir werden
auch einen konstruktiven Weg zur Berechnung einer Extension, i.e. eine gewisse
Menge mit einer Default-Theorie konsistenter Formeln, beschreiten. Und unser Start
in das Gebiet des nichtmonotonen Schließens wird mit der Vorstellung sog. Truth
Maintenance-Systeme auch recht systemorientiert und algorithmisch ausfallen.
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