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7
Truth Maintenance-Systeme
7.1
Die Rolle des nichtmonotonen Schließens in der KI
...oder “Nobody is perfect”!
Schon der Name “Nichtmonotone Logik(en)” mag Unbehagen einfloßen. Man
ist froh, endlich die formalen Hurden klassischer Logik genommen zu haben, hat ihre
Formalismen verinnerlicht und weiß vielleicht sogar ihre Klarheit und verlassliche
Starke zu schatzen - wozu sich also nun mit einem Thema beschaftigen, das wie
eine abstruse und hochst artifizielle Spielart der “normalen” Logik klingt?
Um die Denk- und Schlussweisen der Aussagen- und Pradikatenlogik nach-
zuvollziehen, ist es notwendig, Gedankengange zu disziplinieren und sie formalen
Gesetzmaßigkeiten anzupassen. Alles hat eine klar abgrenzbare Bedeutung, Dinge
stehen in einem festen, formalisierbaren Verhaltnis zueinander, und auf der Basis
dieser Annahmen lassen sich mit Hilfe der Deduktion unverruckbare Schlusse aus
gegebenem Wissen ziehen (letzteres begrundet die Monotonie der klassischen Logik;
s. auch den folgenden Abschnitt).
Bedauerlicherweise prasentiert sich uns die reale Welt Tag fur Tag ganz an-
ders: Es passieren Ereignisse, mit denen wir nicht gerechnet haben, die wir also
auch nicht in unsere Erwagungen mit einbezogen haben. Zusammenhange sind oft
derart komplex, dass sie sich kaum befriedigend formalisieren lassen, geschweige
denn, dass sie einem offensichtlichen, streng logischen Gesetz zu gehorchen schei-
nen. Wie beschreibt man uberdies z.B. das Pradikat “groß” klar und unzweideutig
durch Angabe aller “großen Elemente”? Ein Auto ist groß im Verhaltnis zu einem
Skateboard, aber klein, wenn es mit einem Ozeandampfer verglichen wird. Hinzu
kommt, dass alles den normalen Veranderungen in der Zeit unterliegt: Der Schnee
von gestern ist heute schon geschmolzen, aus Kindern werden Erwachsene, und die
Zustande maschineller und sozialer Systeme verandern sich kontinuierlich.
Unser Wissen ist nicht das, was es im Kontext klassischer Logik sein sollte,
namlich vollstandig - wir sind nicht allwissend. Folglich ist unser Alltagsleben ge-
pragt von Schlussfolgerungen, die wir auf der Basis unvollstandiger Information
ziehen. Manchmal irren wir uns auch in unseren Annahmen und ziehen daraus
falsche Schlusse, ohne dass dabei unser gesamtes Weltbild kollabiert. Als Grunde
fur diese Unvollkommenheit des Wissens lassen sich z.B. folgende Punkte anfuhren:
Manche Dinge wissen wir nicht, weil wir sie nie gelernt oder schon wieder
vergessen haben; einiges ist generell unbekannt, zu anderen Informationen
haben wir vielleicht keinen Zugang. Oft fehlt uns auch die Zeit, um genugend
Information zu beschaffen, und wir mussen auf der Basis des Wenigen, das
wir wissen, unverzuglich Entscheidungen treffen.
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