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sonst alles exakt organisiert, jeder Rettungsdienst seine eigene Nummer hat?
Hier ist das Widerstreben gegen zentralistische Lösungen doch wohl völlig fehl
am Platz. Unter 117 erreicht man die Polizei, unter 118 die Feuerwehr und un-
ter 144 die Ambulanz. Was geschieht, wenn man versehentlich die falsche
Nummer wählt? Oder wenn man sowohl die Polizei als auch die Feuerwehr
braucht? Muss man dann zwei Mal anrufen? Es wäre lächerlich, wenn es nicht
so ernst wäre. Hinzu kommt noch, dass die Telefonauskunft die Nummer 1818
hat. Kein Wunder also, dass sich bei der Feuerwehr manchmal Leute nach der
Nummer der nächsten Pizzeria erkundigen.
Doch nicht nur bei den Telefonnummern herrscht Chaos, sondern auch bei den
Adressen. Für Schweizer wohnt der britische Premierminister in der Downing
Street 10, weil die Hausnummer nach der Straße steht (abgesehen von Ferien-
chalets haben Schweizer Häuser selten Namen, das wäre zu individuell für das
Haus und seinen Besitzer). Die Postleitzahl hingegen steht vor dem Ortsna-
men: Die Buchhandlung Staufacher, bei der ich früher arbeitete, inden Sie in
der Neuengasse 25-37 in 3001 Bern. So viel zur Schweizer Logik.
Als Ausländer in der Schweiz möchte man manchmal statt geschriebener Zif-
fern die Finger zu Hilfe nehmen. Aber Vorsicht: Schweizer benutzen den Dau-
men statt des Zeigeingers für die Eins. Vier wird also mit Daumen sowie
Zeige-, Mittel- und Ringinger angezeigt, statt wie in weiten Teilen der Welt
den Daumen auf die Handläche zu legen und die übrigen Finger hochzuhal-
ten. Und das ist nicht das Einzige, was die Schweizer mit dem Daumen tun.
Als mir zum ersten Mal ein Freund die um seinen Daumen geballte Faust ent-
gegenreckte, wusste ich nicht recht, wie reagieren. Für einen freundschaftli-
chen Rippenstoß war er zu alt, für eine Drohgebärde zu hölich. In Wirklichkeit
wollte er mir nur viel Glück wünschen. Schweizer kreuzen dafür nicht die Fin-
ger, die drücken buchstäblich die Daumen.
Noch komplizierter wird die Zahlenspielerei durch die lokalen Varianten der
normalen Zahlen. Bis ich in die Schweiz kam, dachte ich, ich könnte auf
Deutsch und auf Französisch zählen. Um zu zeigen, dass sie echte Schweizer
und keine französische Provinz sind, haben die Bewohner der Romandie aber
für 70 bis 99 eigene Bezeichnungen. Beim Bingo-Beispiel von oben wäre das -
ehrlich gesagt ziemlich lächerliche - quatre-vingt-huit auf Schweizerisch
huitante-huit . Nicht schwer, wenn man es weiß. Was die schwyzerdütschen
Zahlen betrift, haben sie mir als Ausländer eine meiner peinlicheren Erfahrun-
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