Geology Reference
In-Depth Information
und später die Förderrohre durch die oberen Schichten getrieben
werden. Der erste kritische Punkt ist also die Abdichtung der
Bohrung gegenüber den Grundwasserleitern in den oberen geo-
logischen Stockwerken. Und beim Fracking bleibt es ja nicht bei
einer einzigen Bohrung. Um die Rohstoffe ökonomisch sinnvoll
auszubeuten, sind bei dieser Methode sehr viele Bohrungen
nötig, da die Förderwirkung eines Bohrloches auf die direkte
Umgebung des Loches begrenzt ist.
Zudem werden große Volumen an Wasser, zwischen 4,5 und
19 Millionen Litern, für das Fracken verbraucht. Und der Ver-
brauch steigt nochmals, wenn die Quellen nachgefrackt werden
müssen, was häufig der Fall ist (Andrews 2010, Abdalla & Drohan
2010). Schon die Bereitstellung derartig großer Wassermengen
kann zu erheblichen Problemen und Interessenskonflikten
führen, besonders in Gebieten mit chronischem Wassermangel
wie der Karoo in Südafrika (Urbina 2011). Nach dem Fracken
muss das mit den Zusätzen versehene Wasser wieder aus der
Bohrung gefördert und abtransportiert oder deponiert werden.
Auch hierbei kann es in Kontakt mit der Umwelt kommen.
Wie groß ist die Gefahr einer Verunreinigung des Grundwas-
sers beim Fracking wirklich? Im Prinzip sollte sich ein Kontakt
der eingesetzten Frackfluide mit dem Grundwasser vermeiden
lassen. Zum einen sind die gasführenden Schichten deutlich von
den Grundwasserleitern entfernt, meist Hunderte oder mehr als
1000 Meter Gestein, darunter auch undurchlässige Schichten.
Und die Bohrung wird in den grundwasserführenden Bereichen
mit entsprechenden Abschottungen versehen. Dennoch haben
Erfahrungen in den USA gezeigt, dass es immer zu Unfällen
kommen kann. Wenn die Dichtigkeit der Bohrung nicht gewähr-
leistet ist, kann durchaus Gas aus der Lagerstätte in das Grund-
wasser gelangen, wie eine Studie am Marcellus-Schiefer ergab
(Tollefson 2013, Jackson et al. 2013). Das gilt besonders für die
Phase in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren, in denen sich
eine Menge Firmen ohne entsprechendes Risiko- und Qualitäts-
management an der Förderung beteiligten, scheint aber nach der
oben angegebenen Studie noch immer ein ernstes Problem zu
sein (Lingenhöhl 2011, Jackson et al. 2013). Für Deutschland mit
seinen strengeren Umweltgesetzen verweist die Sprecherin von
Exxon Mobil, Ritva Westendorf-Lahouse, auf über 300 unfall-
freie Fracks in rund 50 Jahren (Nestler 2013).
Eine Hauptsorge besteht darin, dass eben durch das Fracking,
also das gewaltsame Aufbrechen des Gesteins, erst die entspre-
chenden Pfade für die Kontamination des Grundwassers ge-
schaffen werden. Das ist vergleichsweise unwahrscheinlich, denn
die Länge der erzeugten Risse hängt unter anderem von der in
das Gestein eingebrachten Energie ab. Der notwendige hydrau-
lische Druck, um kilometerlange Klüfte zu erzeugen, kann mit
den vorliegenden Techniken nicht erzeugt werden. Dem eigent-
lichen Frack werden sogenannte »Mini-« oder »Datafracks« vor-
geschaltet, bei denen wichtige gesteinsmechanische Parameter
für die Modellierung der Rissausbreitung ermittelt werden. Die
längsten bekannten durch Fracking geöffneten aufwärtsgerich-
teten Brüche lagen bei 588 m im Barnett-Schiefer und 536 m im
Marcellus-Schiefer, beide in den USA. Natürliche hydraulische
Brüche können bis gut 1000 m aufwärts reichen (Davies et al.
2012). Eigentlich sind derartig lange vertikale Klüfte nicht er-
wünscht, da sich die Rissausbreitung im günstigsten Fall inner-
halb der gasführenden Zielformation abspielen soll. Inwieweit
die durch Fracking erzeugten Klüfte eine Verbindung mit natür-
lichen Klüften im Gestein bekommen können, ist umstritten. Die
BGR geht davon aus, dass in diesem Fall kein Druck für das Fra-
cking aufgebaut werden kann (BGR 2011). Ob diese Ansicht
nicht angesichts unseres mangelnden Verständnisses unter-
irdischer Störungszonen vielleicht etwas optimistisch ist, bleibt
fraglich.
Das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe sieht
zudem zumindest für Tight Gas in den Sandsteinen des Rot-
liegenden die Salze des darüber befindlichen Zechsteins als
hydrologische und mechanische Barriere (Kosinowski et al.
2012). Für die stratigrafisch höher liegenden unkonventionel-
len  Erdgasvorkommen im Posidonienschiefer (Jura) und des
Wealdon (Kreide) werden von der BGR Tonvorkommen des
Jura, der Unterkreide und des Tertiär wie die Rupeltone des
Paläogens (Tertiärs) als vergleichbare Barrieren angesehen
(Kosinowski et al. 2012).
Zumindest für Norddeutschland kommt für die Migration
der in den Fracfluiden vorhandenen Schadstoffe in Richtung
Grundwasser noch ein weiteres Hindernis hinzu. Das Grund-
wasser hier ist vertikal in einen Süßwasserhorizont in Oberflä-
chennähe und einen diesen unterlagernden Salzwasserhorizont
untergliedert. Aufgrund des Dichteunterschieds von Süß- und
Salzwasser kommt es dabei nicht zu einer nennenswerten Vermi-
schung. Dies könnte durchaus die vertikale Ausbreitung der
Fracfluide und tiefen Formationswässer hemmen, da diese eben-
falls hohe Salzgehalte aufweisen und damit eine höhere Dichte
als das nutzbare oberflächennahe Grundwasser haben. In diesem
Fall würden sie sich nur im Salzwasser ausbreiten (Kosinowski et
al. 2012).
Bleibt die Frage, wohin mit den belasteten Fluiden nach dem
erfolgten Fracking? Es fallen ja nicht nur die Fracfluide an, son-
dern auch normales Bohrwasser und eventuell belastete Laugen,
die aus der Tiefe mitgefördert werden. Die letzten beiden kom-
men allerdings auch bei konventionellen Bohrungen vor und
stellen damit keine Besonderheit des Hydraulic Fracturing dar.
Der Wasserrückfluss kann auch gelöste Stoffe wie beispielsweise
Benzole oder radioaktive Salze enthalten. Oft wird das Wasser in
tiefe Gesteinsschichten verpresst. Die Wiederaufbereitung kann
unter Umständen eine Möglichkeit darstellen, um die gefähr-
lichen Stoffe aus dem Wasser abzutrennen und den Rest wieder
zu verwenden. Allerdings sind viele kommunale Kläranlagen
kaum auf die großen Mengen an Wasser und auf die darin ent-
haltenen Stoffe eingerichtet, was dann zu Problemen führen kann,
wie Beispiele in Pennsylvania zeigen (Levy 2011). Hier können
eventuell spezielle mobile Aufbereitungsanlagen abhelfen. Oder
man verzichtet auf Wasser und steigt auf andere Fracfluide um.
Eine mögliche Alternative wäre Propan (Fischer 2013).
Ein weiterer Punkt, der vielen Menschen Sorge bereitet, ist
die Möglichkeit, dass durch Fracking Erdbeben ausgelöst wer-
den. Denn im Prinzip stellt das Fracking nichts anderes dar,
als künstlich ausgelöste Mikrobeben. Diese sind im Normalfall
so schwach, dass sie ohne technische Hilfsmittel an der Erd-
oberfläche nicht spürbar sind. Aber mitunter kann es auch zu
stärkeren Erschütterungen im Zusammenhang mit Fracking
kommen. Besonders zwei Ereignisse vom Frühjahr 2011 im
Search WWH ::




Custom Search