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primitiven Musikinstrumenten und »protziger Kafernkunst«. Der ein-
zige Ausweis eines authentischen persönlichen Geschmacks ist eine
Anordnung von Eisbärenfellen in der Ecke, in der die Bernhardt [die
häuig, wie auch an diesem Abend, Weiß trägt] gern Hof hält. Zwischen
diesem künstlerischen Plunder entdeckt Goncourt auch ein kleines,
aber heftiges emotionales Drama. Mitten im Atelier steht ein Käig,
der ein winziges Äfchen und einen Papagei mit einem riesigen Schna-
bel enthält. Der Afe schwirrt ständig umher, schwingt am Trapez und
quält fortwährend den Papagei, reißt ihm Federn aus und peinigt ihn
»bis aufs Blut«. Und obwohl der Papagei den Afen mit seinem Schna-
bel mühelos in zwei Stücke teilen könnte, lässt er alles über sich erge-
hen und stößt nur herzzerreißende Klageschreie aus. Goncourt tut der
arme Papagei leid, und er macht eine Bemerkung über das elende Da-
sein, das dieser ertragen muss. Darauf erklärt man ihm, dass Vogel und
Bestie einst getrennt wurden, dass der Papagei aber vor Kummer fast
gestorben wäre. Er erholte sich erst, als er wieder zu seinem Peiniger
in den Käig gesetzt wurde.)
Er schickte ihr vorab Blumen. Er sah zu, wie sie Adrienne Lecouvreur
darstellte, jene Schauspielerin aus einem früheren Jahrhundert, die von
einer Nebenbuhlerin vergiftet wurde. Er ging in ihre Garderobe. Sie
war bezaubernd. Es waren die üblichen Gesichter versammelt. Sie re-
deten das Übliche, gaben die üblichen Ansichten von sich. Er setzte sich
zu Mme Guérard, fragte sie diskret aus, versuchte, eine neue Taktik
zu inden, einen verborgenen Ansatzpunkt … Da trat eine leichte Stille
ein, und er schaute auf. Er sah sie am Arm eines verkümmerten klein-
en Franzosen mit einem Afengesicht und einem lächerlichen Spazier-
stock.
»Gute Nacht, meine Herren.«
Die Antwort war ein einvernehmliches Gemurmel des Nichter-
staunens, genau wie an seinem eigenen ersten Abend mit ihr. Sie
schaute ihn an und nickte, dann wandte sie ruhig den Blick ab. Mme
Guérard erhob sich und sagte ihm Gute Nacht. Er sah zu, wie Madame
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