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ein Mann eine Frau so lange belagern sollte, bis sie sich ergab. Doch
ihm war ausnahmsweise nicht danach zumute, Bravour zu zeigen, und
Metaphern bereiteten ihm oft Unbehagen. Schließlich erwiderte er:
»Vor nicht allzu langer Zeit, Ma'am, kehrte ich aus Odessa zurück.
Ich hatte die Nachricht erhalten, dass mein Vater erkrankt war. Der
schnellste Weg führte durch Paris. Aber die Stadt war in den Händen
der Kommune.« Er hielt inne und überlegte, wie die Schauspielerin zu
dieser schändlichen Mörderbande stehen mochte. »Ich hatte nur meine
Reisetasche und das vorschriftsmäßige Kavallerieschwert bei mir. Man
hatte mich gewarnt, dass alle Wafen verboten seien. Aber ich habe
lange Beine, und darum verbarg ich mein Schwert in meinem Hosen-
bein.«
Er hielt so lange inne, dass sie das für das Ende der Geschichte halten
konnte.
»Ich hinkte also. Und bald wurde ich von einem Oizier der Kommune
angehalten, dem mein steifes Bein zu Recht verdächtig vorkam. Er
beschuldigte mich, eine verborgene Wafe zu tragen. Ich gab das Verge-
hen auf der Stelle zu, ließ ihn aber wissen, dass ich auf dem Weg zu
meinem kranken Vater sei und nichts als Frieden suche. Zu meinem
nicht geringen Erstaunen gestattete er mir, meine Reise fortzusetzen.«
Nun schien die Geschichte wirklich zu Ende zu sein, aber ihr Sinn
wollte sich der Bernhardt nicht erschließen.
»Und wie ging es Ihrem Vater?«
»Ach, als ich in Somerby ankam, hatte sein Zustand sich schon merk-
lich gebessert. Danke der Nachfrage. Der Sinn der Geschichte - nun,
ich kann nur wiederholen, was ich zu dem Burschen sagte, der mich an-
gehalten hatte -, in Paris suche ich nichts als Frieden.«
Sie sah ihn an, diesen riesigen uniformierten, schnauzbärtigen,
frankophonen Engländer, aus dessen gewaltigem Körper seltsamer-
weise eine dünne, schrille Stimme kam. Und da ihr Leben von Komp-
likationen und Künstelei bestimmt war, ging Schlichtheit ihr immer zu
Herzen.
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