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wurden die bisher ältesten Spuren christlicher Kultur gefunden: eine Kirche und
ein dazugehöriges Kloster aus dem 6. Jahrhundert. Anstat diese Spuren zu zer-
stören, wie es etwa Saudi-Arabien in Jeddah getan hat, konservierten die Emiratis
die Funde. Institutionell Fuß fassen konnten die christlichen Kirchen aber erst mit
den großen Einwanderungswellen des 20. Jahrhunderts. 1963 begann die neuere
Kirchengeschichte mit dem Bau eines katholischen Goteshauses in Abu Dhabi,
aktuell sind es landesweit 35 Kirchen. Etwa neun Prozent der Einwohner sind
Christen, schätzt der anglikanische Geistliche Andrew hompson in seinem Buch
über das Christentum in den Emiraten. Er würdigt die Glaubensfreiheit des
Landes und sieht die Emirate sogar als Modellgesellschat für religiöse Toleranz.
Im Kirchhof der Kathedrale St. Joseph in Abu Dhabi ist jeden Vormitag großer
Trubel. Wenn die Kinder der angrenzenden christlichen Schule gerade Pause
haben, ist der Kirchhof zugleich Pausenhof. Lachen und Sonnenstrahlen dringen
in den Kirchenraum. Dort gönnen sich auch Arbeiter und Gäste eine kurze Pause,
um in den Bänken zu verweilen, durchzuatmen, Einkehr zu halten. Der aus der
Schweiz stammende Bischof Paul Hinder wohnt ebenfalls auf dem Gelände. Er ist
für alle katholischen Kirchen in Südarabien zuständig, genauso für die im Oman
und im Jemen. Regelmäßig wendet er sich mit Videobotschaten an die Gläubi-
gen. In seiner Neujahrsansprache für 2014 rut er zu Frieden und Versöhnung auf
und sagt: »Wir sind alle Bürger einer neuen Welt.« Ein blühender
Hibiskusstrauch quillt über die Mauer seines Grundstücks. Sein Gartentor steht
offen.
Der Muezzin - Die Uhr der Stadt
Ein Clock Tower oder ein Clock Roundabout , ein Kreisverkehr mit Uhr, gehört in
jede Stadt am Golf. Eine große Uhr auf Betonstelzen ist Symbol des Fortschrits
und markiert in einer Stadt die erste Straßenkreuzung, die man in den Sechziger-
oder Siebzigerjahren wichtig fand. Sie ist Symbol des Aubruchs, nicht
Zeitzeichen, denn eine öfentliche Uhr braucht in den Emiraten keiner. Dafür gibt
es den Muezzin. Fünfmal am Tag rut er live oder vom Band aus den Lautsprech-
ern der vielen Moscheen und rut zum Gebet.
»Allah hu akbar! Allah hu akbar!« Es ist nicht zu überhören. Fünfmal am Tag
ertönt der Gebetsruf ( adhan ) von den Minareten der Emirate. Zur Gebetszeit
tönt der Ruf aus mehr als einer Richtung, in verschiedenen Tonarten, in ver-
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