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schiedenen Melodien, selbstverständlich zeitlich versetzt gesungen. Etwa in der
Mite des Gebetsrufs, wenn wirklich alle Muezzine Dubais an den Mikrofonen
stehen (oder auch ihre elektronischen Vertreter vom Band), sind die einzelnen
Rufe nicht mehr zu unterscheiden. Dann ist die Lut voll von Gesang, und der
stets leicht blecherne Klang stülpt sich über den Kopf des Hörers wie eine riesige
Mütze.
»Got ist größer! Got ist größer!« wird gerufen. Nicht »Got ist groß«, wie
meistens falsch übersetzt wird. Allah, das bedeutet der Komparativ, ist größer als
der Mensch, als die menschlichen Bedürfnisse, größer als die Göter aller anderen
Menschen, größer als die irdische Welt selbst. Got ist sogar größer als das
Größte, das man sich vorstellen kann. Got ist nicht einfach nur groß. Und Got
hat keinen Eigennamen. »Allah« bedeutet übersetzt »der Got«, zusammengeset-
zt aus dem Artikel »Al« und dem Wort für Got, »lah«. Der Gläubige ergibt sich
diesem Größeren und erkennt Got als allmächtig, unendlich und in seiner Größe
auch als unbegreibar an. »Islam« bedeutet »Gotergebenheit«, das Wort
»Muslim« bezeichnet den »sich Got Ergebenden«. Islam und Muslim haben die
gleiche lexikalische Wurzel wie das Wort »Salam«, durch die Grußformel »Salam
Aleikum!« weltweit bekannt: »Der Friede sei mit dir!« Islam, so die Doppeldeu-
tung, bringt Friede und Heil durch die Ergebenheit des Menschen an die götliche
Allmacht.
Und Got ist nicht irgendwo im Himmel, sondern er ist in der islamischen Welt
ein fester Teil des Alltags. Got ist überall, nicht nur in den Herzen, sondern in je-
dem Gruß, jedem Gespräch, im Small Talk und im Tagesablauf, nicht nur, wenn
man »mashallah« und »inshallah« sagt.
Die genauen Gebetszeiten richten sich nach dem Sonnenstand und variieren
von Ort zu Ort und von Tag zu Tag. Der Gebetsruf ist die Uhr der Stadt, die alle
anderen Uhren im Grunde überlüssig macht, denn da eine aus Deutschland ge-
wohnte Pünktlichkeit auf die Minute in den Emiraten keinen hohen kulturellen
Wert hat, genügt der Adhan als Uhr der Stadt. Mögen christliche Kirchtürme im
15-Minuten-Takt die Zeit verkünden und damit auch eine Verspätung von
15 Minuten als kulturell gerade noch erträglich festsetzen, in Dubai ertönt der
Gebetsruf alle paar Stunden, und eine Verspätung von mehreren Stunden ist
ebenfalls akzeptabel. Das tägliche Leben der Emirate organisiert sich um die Geb-
etszeiten herum - für Muslime ebenso wie für Nicht-Muslime. Da die Emirate am
Wendekreis des Krebses liegen, sind über das Jahr hinweg die Unterschiede in
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