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zahlreiche weiße Maden herumkrochen. »So ist er genau richtig«, sagte er und
verspeiste genüsslich ein Stück Brot, das er mit der Käsemasse bestrichen hate.
Natürlich samt der Maden. Ich war angeekelt und fasziniert zugleich. Casjiu
Merzzu heißt diese olfaktorische und optische Herausforderung, »verdorbener
Käse«. Dafür werden Käsereste mitsamt der Rinde in einem Tontopf vermischt.
Nach einer Weile siedeln sich Maden an, unter Kennern ein erwünschtes Zeichen
der zweiten Reife. Um das Geschmackserlebnis abzurunden, wird der Casjiu
Merzzu mitsamt der Maden und ihrer springenden Larven mit Tresterschnaps
übergossen. Für korsische Gaumen ein Leckerbissen, sicher auch, weil man ganz
nebenbei seinen Mut beweisen kann.
Es muss ja nicht unbedingt gleich der scharfe Madenkäse sein, aber für uns
Deutsche, die wir an steril verpackte, geschmacklose Käsemutanten gewöhnt
sind, kann so ein Auslug in die Welt der korsischen Rohmilchkäse eine Ofenbar-
ung sein. Ich empfehle, ruhig mal die Abzweigung zu einer Fromagerie oder Ber-
gerie zu nehmen. Mal lagern die Laibe in insteren, feuchten Kellern, in denen
man die Brüsseler Hygieneverordnungen plötzlich gar nicht mehr so überlüssig
indet, mal in modernen, blitzblanken Räumlichkeiten. Egal, wie ihre Umgebung
aussieht, der Käse ist immer einen Bissen wert, sehr lecker übrigens auch mit
süßer Feigenkoniture. Natürlich von korsischen Bäumen.
Korsika ist Weinland. Auf der bis zu zwölf Kilometer breiten Ebene der Ostküste
haben schon die Römer Reben angeplanzt und alkoholischen Traubensat gekel-
tert. Die Genuesen haben den Weinbau professionalisiert, sie verplichteten die
Korsen per Erlass dazu, erst vier, später 20 Rebstöcke pro Familie zu planzen.
Der Export der Trauben war dann allerdings nur der Republik Genua gestatet -
bestimmt ein lukratives Geschät. Das Mitelmeerklima und die geologische
Bodenbeschafenheit sind ideal für den Weinbau. Letztere lässt sich in fünf Typen
einteilen: Im Westen der Insel indet sich Granitboden, im Norden Schiefer, am
Cap Corse Kalkstein, in Patrimonio Tonerde und an der Ostküste sandiges Sedi-
mentgestein. Der Ruf des korsischen Weines war die längste Zeit allerdings mise-
rabel, was vor allem an dem billigen »Mengenwein« - sagt diese Bezeichnung
nicht schon alles? - lag, der von den riesigen Kooperativen an der Ostküste
produziert und meistens direkt ins Languedoc verschit wurde, wo er den dorti-
gen Zechweinen zugesetzt wurde. Diverse Skandale um illegal mit Zucker
angereicherten Wein taten ihr Übriges.
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