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heute tagtäglich mit der Tropenkrankheit inizieren? Sind sie auch alle chronisch
streitlustig? Und, die hese weitergesponnen: Dann müsste sich die Infektion tat-
sächlich in der DNA der Inselbewohner eingenistet und über Generationen hin-
weg weitervererbt haben. Denn schließlich hat sich am sogenannten National-
charakter der Korsen wenig geändert. Noch immer gelten sie als reizbar, auf-
brausend und schnell beleidigt. Die Malaria aber ist längst ausgerotet. Es scheint,
da macht jemand aus einer Mücke einen Elefanten.
Soll man die Korsen also mit Samthandschuhen anfassen, um Ärger zu ver-
meiden? Ja und nein. Denn so oder so ist das Risiko groß, einen Fehler zu
machen. Man könnte dieses Phänomen das »korsische Paradoxon« nennen: Bi-
etet man einem Korsen Geld für eine Gefälligkeit, die er einem erwiesen hat,
wird er es empört ablehnen. Was für eine Beleidigung! Bietet man ihm aber von
vornherein kein Geld, weil man sich sicher ist, dass er es nicht annehmen wird,
ist er ebenfalls verstimmt. Er wird denken: Was für eine Frechheit, es ist ja wohl
nicht selbstverständlich, dass ich ihm einen Gefallen tue.
Bei »Asterix und Obelix« gibt es eine Szene, die dieses Paradoxon schön illus-
triert: Ein römischer Soldat, er ist neu auf Korsika, klopt an die Haustür eines
Korsen, weil er den Autrag hat, dessen Haus zu durchsuchen, und sagt zu der
Frau, die öfnet: »Ave.« Ihr Bruder schickt sie weg und starrt den Römer erbost
an. »Du hast meine Schwester angesprochen.« Der Römer schwitzt Blut und
Wasser und antwortet: »Eure Schwester ist für mich uninteressant«, worauf der
Korse ein Messer zückt und fragt: »Was, sie gefällt dir nicht?« Der Römer stam-
melt: »Aber doch, sie gefällt mir natürlich!« Worauf der Korse brüllt: »Aha,
meine Schwester gefällt dir also!! Haltet mich oder ich bring den Kerl um.«
Niemals würde ein Korse, so wie die Touristen, vor einem Restaurant stehen
bleiben, die Speisekarte studieren und dann weitergehen. Das wäre eine grobe
Unhölichkeit den Inhabern dieses Restaurants gegenüber. Er würde ihnen damit
signalisieren, dass das Restaurant nicht gut genug für ihn ist, ein grober
Gesichtsverlust für die Wirte. Marschierte er aber schnurstracks in ein bestim-
mtes Restaurant, wäre das auch nicht viel besser. Denn damit häte er ja nicht
gewürdigt, dass es andere, ebenso gute Alternativen gegeben häte. Die
Entscheidung für ein Lokal schließt automatisch alle anderen aus - ein schier
auswegloses Dilemma. Für Touristen macht sich das normalerweise nicht be-
merkbar, weil sie sowieso bald wieder abreisen, für meine Familie ist das eine dif-
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