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izile Angelegenheit. Wir achten peinlich darauf, wie ot wir in jedem Restaurant
im Ort essen gehen oder wie ot wir bei welchem Händler einkaufen, damit ja
kein böses Blut entsteht.
»Service« ist auf Korsika vielerorts immer noch eher theoretisches Konzept denn
gelebte Wirklichkeit. Das hat aber nichts mit der viel gescholtenen angeblichen
Faulheit der Korsen zu tun. Es widerstrebt ihnen nur mit jeder Faser ihres
Körpers, sich allzu servil zu zeigen. Da kommt ihnen ihr Stolz dazwischen -
zugegeben, das nervt, wenn es um eine Cola oder einen Teller Steak frites geht,
auf die man ewig warten muss, weil die Kellnerin ofensichtlich Wichtigeres zu
tun hat. Auch wenn sie in Wahrheit nur am Handy klebt und ihrer Freundin in
allen Einzelheiten von der letzten Nacht en boîte , in der Disco, erzählt. Die englis-
che Schritstellerin Dorothy Carrington, die ihr halbes Leben auf Korsika verbra-
cht hat, schrieb in den Sechzigerjahren: »Sie werden hier nicht mit jenem unvor-
eingenommenen Charme empfangen, mit der die Besucher Italiens oder Kontin-
entalfrankreichs förmlich eingeseit werden; aber Sie werden auch nicht wie ein
Konsumartikel behandelt.«
Den Korsen ist jegliche Art von Duckmäusertum und Unterwürigkeit fremd.
Das lässt sich Jahrtausende zurückverfolgen, schon in der Antike war bekannt,
dass die Korsen keine guten Sklaven abgeben. Der griechische Historiker, Geo-
graf und Philosoph Strabo, geboren um 64 vor Christus in Amaseia in Pontus
(heute Amasya, Türkei), schrieb über Korsika: »Es wird schlecht bewohnt. Weil
es rauh ist und an den meisten Stellen ganz unwegsam. Daher kommt es, daß
diejenigen, die die Berge bewohnen, vom Raub leben und unzähmbarer sind als
selbst die wilden Tiere. Wenn nun die römischen Feldherren eine Unternehmung
gegen die Insel machen und ihre festen Orte angegrifen haben, führen sie eine
große Zahl von Sklaven mit sich hinweg; dann kann man in Rom mit Staunen se-
hen, welche Wildheit und gänzliche Tierheit in ihnen steckt. Denn sie nehmen
sich entweder das Leben oder ermüden ihren Herrn durch Trotz und Stumpheit,
so daß das Kaufgeld reut, auch wenn man sie um einen Spotpreis erstanden
hat.«
Nun darf man fehlenden Service natürlich nicht mit mangelnder Gastfreund-
schat verwechseln. Denn gastfreundlich sind die Korsen schon immer gewesen.
Gregorovius reiste stets mit Briefen in der Tasche, die ihm sein aktueller Wirt
mitgab, um ihm im nächsten Ort eine Unterkunt zu verschafen. Auf diese Emp-
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