Travel Reference
In-Depth Information
Was ist das für eine Miniaturkraterlandschat? Die frisch aufgeworfene Erde
sieht aus wie frisch durchgeplügt. Dorthin haben sich aber garantiert keine
Bauern mit ihren Gerätschaten verirrt, hier haben Wildschweine auf der Suche
nach Essbarem tief im Erdreich gewühlt, ohne Rücksicht auf Wegbefestigungen,
Planzen oder Gesteinsbrocken. Der Untergrund der Wege ist weich und federt
jeden Schrit sant ab, das liegt an den vielen Schichten von Blätern, die sich Jahr
um Jahr ansammeln und die nur sehr langsam zu Erde kompostieren. Auf Korsika
nimmt dieser Vorgang besonders viel Zeit in Anspruch, da viele Planzen der
Macchia kleine feste Bläter von ledriger Konsistenz haben. Sie sind hervorragend
den klimatischen Bedingungen angepasst, ihre Fläche ist auf ein Minimum re-
duziert, sodass bei Hitze nur sehr wenig Wasser verdunstet. Am Boden bilden sie
einen leise raschelnden, mat glänzenden olivfarbenen Teppich, der schön an-
zusehen ist, aber auch sehr rutschig sein kann.
Die schmalen Bäche, die aus den Bergen in die Täler ließen, wirken wie ani-
mierte Gemälde, wunderbar harmonische Kompositionen aus Farben und For-
men. Das Wasser ist klar und eiskalt, es läut gluckernd durch ein Bet voller
kleiner und großer Felsbrocken in allen Grauschatierungen, die ihrerseits mit
grünen Moosen und Algen bewachsen sind. Libellen und Schmeterlinge liegen
umher, Farne, Minze und Gräser wachsen am Ufer. Man kann dort herrlich Rast
machen und sich abkühlen.
Die Korsen sind naturverbunden und lieben alles an ihrer Insel. Die Mitglieder
des gemeinnützigen Vereins Petre Scrite haben sich dem Schutz und der Er-
forschung der Geschichte des Cap Corse verschrieben und veranstalten regel-
mäßig Auslüge in die Region. Es ist völlig normal, dass zu diesen Terminen über
hundert Teilnehmer kommen, die unbedingt mehr über die Kirchen Notre-Dame-
des-Neiges und Santa Maria Assunta in Castello oder die abgelegenen Weiler von
Rogliano wissen wollen und danach ihre Eindrücke bei einem ausgiebigen Mita-
gessen und mehreren Gläsern Wein diskutieren. Hier kann man einen uer-
schnit durch Korsikas bürgerliche Bevölkerung erleben, der nichts mit dem Klis-
chee des verbohrten, nationalistischen Korsen zu tun hat, das in den Medien ot
verbreitet wird. Es trefen hier Lehrer auf Rentnerinnen und Fluglotsen auf
Bauern. Sie alle lieben ihre Insel, aber niemand heißt es gut, wenn zu ihrer Ver-
teidigung Bombenatentate verübt werden. Was sie eint, ist das difuse Gefühl,
dass das Übel begann, als Korsika aus seiner Isolation gerissen wurde. Also
schwelgen sie mit Vorliebe in der Vergangenheit. »Ach«, seufzte einer der Teil-
Search WWH ::




Custom Search