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gewesen. Sie fragten herum, wer der Eigentümer war, und man sagte ihnen, dies
sei ein gewisser Monsieur Baracini, am wahrscheinlichsten könne man ihn in der
Bar des Amis in Sartène antrefen. Im folgenden Jahr machten sich meine Eltern
auf nach Sartène, und siehe da, Monsieur Baracini hielt gerade Hof in der Bar. Als
er herausfand, dass meine Eltern Deutsche waren, lud er sie mit großer Geste auf
ein Glas ein. Er war kein Kind von Traurigkeit, und so folgten noch einige weit-
ere Runden. Monsieur wurde immer lustiger, meine Eltern immer betrunkener,
ohne dass sie Gelegenheit gehabt häten, ihr Anliegen zur Sprache zu bringen.
Doch meine Eltern gaben nicht auf. Im daraufolgenden Jahr fuhren sie wieder
zu Monsieur Baracini, der sie diesmal sogar in seinem Haus emping. Wie sie
schon von Weitem feststellen konnten, war der exzentrische Korse Wagner-Fan
und hörte dessen Opern mit Vorliebe in donnernder Lautstärke. Erstaunt waren
meine Eltern, als sich ferner herausstellte, dass der Lebemann und Erbe bedeu-
tender Ländereien auf der Insel ein glühender Verehrer des Generalfeld-
marschalls Erwin Rommel war. »Der Wüstenfuchs, der wusste, wie man eine
Schlacht schlug«, sagte er immer wieder, nicht ohne das eine oder andere Glas
Pastis hinunterzukippen. Vorsichtig lenkten meine Eltern das Gespräch auf den
Turm. Ja, sagte Monsieur Baracini mit einer abfälligen Handbewegung, er wolle
ihn verkaufen und das Land drum herum auch, das sei ja sowieso nicht bebaubar
und somit nichts wert. Die Herzen meiner Eltern begannen vor Freude zu hüpfen.
Sie beautragten einen befreundeten Architekten, Pläne zu machen, wie man den
Turm wohnlich gestalten könnte. Ein weiteres Jahr später glaubten sich meine El-
tern am Ziel, aber als mein Vater Monsieur Baracini anrief, um ihn von ihrer
Ankunt auf der Insel zu unterrichten, sagte dieser nur: »Den Turm? Den habe
ich an das Conservatoire du Litoral verkaut.« Meine Eltern waren fassungslos.
Warum hate er ihnen nichts davon gesagt? Das Land um den Turm häte die ge-
meinnützige Organisation gerne haben können. Schließlich trägt das Conser-
vatoire du Litoral (für das es ausnahmsweise keine Abkürzung gibt) enorm viel
zur Erhaltung des Naturzustandes der Insel bei. Seit mehr als 30 Jahren hat die
Behörde auf Korsika Tausende Hektar Land aufgekaut, um sie vor Bebauung zu
schützen. Sie besitzt bereits 21 Prozent des Küstengebietes, unter anderem am
Cap Corse, am Golf von Porto und Ajaccio, an der Plaine Orientale und in der
Casinca-Region. Ihr Ziel ist es, die uote auf 32 Prozent zu erhöhen, bevor es zu
spät ist und internationale Investoren das Land unter sich aufgeteilt haben.
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