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»Ein paar Häuser rund um Napoleon« nennen Lästerer Korsikas Hauptstadt,
die mit rund 65000 Einwohnern immerhin die größte Stadt der Insel ist. Kaum
hat man das Ortsschild von Ajaccio passiert, kommt man an dem berühmtesten
Korsen der Welt nicht mehr vorbei. Es gibt drei Napoleon-Denkmäler, die
Hauptstraße heißt Cours Napoléon, dazu kommen ein uai Napoléon, eine Av-
enue du Premier-Consul, und auch die Brüder Napoleons und sein Sohn sind ver-
treten: Der König Jérome hat seinen Boulevard, der König von Rom seine Straße,
und der ganzen Familie ist außerdem die Rue Bonaparte gewidmet. Nach der
Mutter Letitia sind der Boulevard Madame Mère und der kleine Platz vor der
Casa Bonaparte benannt: Place Letitia. Weil die Stadtkämmerer inzwischen ge-
merkt haben, dass sich mit dem korsischen Kaiser prima Kasse machen lässt,
wurde 2008 auch noch der Flughafen von »Campo dell'Oro« in »Napoléon Bona-
parte« umbenannt. Und dann der Kaisernippes, den es überall zu kaufen gibt:
Napoleon-Zinniguren, Napoleon-Aschenbecher, Napoleon-Tassen, Napoleon-
Kartenspiele, Napoleon-Schnaps und so weiter und so fort. Nach diesem
Bonaparte-Overkill erwartet man, als Stammhaus der Familie zumindest einen
Marmorpalast in der Größe des Versailler Schlosses vorzuinden. Aber von we-
gen - als ich den Hinweisschildern zur Casa Bonaparte folge, verirre ich mich in
den schmalen Gassen der Altstadt und frage nach dem Weg. »Ich will sowieso
gerade zum Fischmarkt«, sagt der freundliche ältere Korse mit zwei fehlenden
Schneidezähnen, den ich angesprochen habe, »ich bringe Sie hin«. Er sei kein
Napoleon-Fan, erzählt er unterwegs, es seien viel zu viele Menschen für seinen
Größenwahn gestorben, und er habe rein gar nichts für Korsika getan. »Und
dabei war das doch seine Heimat«, sagt der Mann und schütelt den Kopf. Diesen
Vorwurf hört man ot, und in Kürze wissen Sie auch, warum. Wir laufen eine
weitere Gasse entlang, plötzlich zeigt mein freundlicher Stadtführer auf ein un-
scheinbares Haus, das aussieht wie alle anderen auch: »Voilà, die Casa Na-
poléon!« Immerhin hängt eine kleine Trikolore über der Eingangspforte.
In jenem Haus, das heute ein Museum ist, wurde Napoleon am Mariä-
Himmelfahrts-Tag des Jahres 1769 geboren. Der Legende nach hate er es an
jenem heißen 15. August so eilig, dass seine Muter, die gerade in der nahe gele-
genen Kirche der Messe beiwohnte, es nicht einmal mehr ins Bet schate. Sie
soll in einem Durchgangszimmer auf einem Teppich mit Schlachtenszenen aus
Homers »Ilias« niedergekommen sein - wen wundert es da noch, dass ihr Sohn
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