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wählte. Viel weiß man nicht über diesen Mann, aber Gregorovius schreibt be-
wundernd: »Mit ihm beginnt eine lange Reihe korsischer Helden, die durch
Vaterlandsliebe und heroischen Mut groß gewesen sind.«
Sambucuccio besiegte den Herrn von Cinarca und gründete einen Landesbund,
vergleichbar mit der Schweizer Eidgenossenschat, die jedoch erst viel später
entstanden ist. Von Aléria bis Calvi bis hinauf nach Brando am Cap Corse verein-
igte sich die Bevölkerung zu einer freien Gemeinde, die Terra del Commune get-
aut wurde. Die Gliederung dieser Gemeinde ergab sich aus den geograischen
Gegebenheiten: Der nördliche Teil der Insel wird durch ein System von Bergen
und Tälern strukturiert, in jedem Tal gab es mehrere Dörfer, die ihrerseits einen
kirchlichen Gemeindebezirk, piève genannt, bildeten. Jede Ortschat wählte einen
Ortsvorstand oder podestà , und jede piève wiederum wählte einen caporale , der
dazu bestellt war, den Willen des Volkes zu vertreten. Darüber hinaus wählten
die Ortsvorsteher die dodici , die »Zwölfmänner«, den höchsten gesetzgebenden
Rat des Landesbundes.
Voilà, hier haben wir die Urform einer Demokratie, entstanden zu einer Zeit, in
der die großen Kulturvölker des Festlandes sich noch mit despotischen Staatsfor-
men und Machthabern herumschlugen. Später gipfelten die Terra del Commune
in der demokratischen Verfassung Pasquale Paolis, lange vor der Demokratisier-
ung Nordamerikas und der Französischen Revolution. Auf Korsika gab es zudem
weder Sklaven noch Leibeigene, jeder Korse war frei und an der Selbstregierung
seiner Gemeinde beteiligt.
Doch das Glück währte nicht lange, und wie es ot der Fall ist in demokrat-
ischen Revolutionen, hate sich beim Volk noch kein entsprechendes demokrat-
isches Bewusstsein gebildet. Als der Anführer Sambucuccio starb, erstarrten auch
die Terra del Commune . Die caporali nutzten ihre Macht und bildeten einen neuen
korsischen Geschlechteradel, der das Volk tyrannisierte. Das System der
Clanchefs, das bis heute existiert, fußt auf der Machtfülle der caporali . Der Unter-
schied zu damals ist nur, dass diese Clanchefs noch viel mächtiger wurden, als es
sich ihre Vorgänger jemals häten träumen lassen. Befehligten diese früher nur
ihre eigene Familie, so beeinlussen sie heute auch Beamte, Politiker und viele
Entscheidungsträger mehr.
Kaum war die demokratische Bewegung geschwächt, krochen außerdem die si-
gnori wieder aus ihren Burgen und setzten ihre Tyrannei fort. Die Bevölkerung
bat den toskanischen Markgrafen Malaspina um Hilfe, der auch prompt mit
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