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Landschat in Schwarz, Lila und Grau aus nackter oder moosbedeckter Lava, die
von einem urzeitlichen Wind mit krausen, launischen Wellen überzogen wurde.«
Vor uns liegt der Gipfel mit seinen vier großen Kratern, doch die meisten Aus-
brüche sind an seinen Hängen erfolgt. So haben sich im Laufe der Jahrtausende
weit über 300 Nebenkrater gebildet, die wie Narben das Gipfelmassiv bedecken.
In rund 2800 Meter Höhe, als jede Vegetation verschwunden ist, geht es zu Fuß
weiter Richtung Eruptionsspalte. Und man hört bereits dieses typische an- und
abschwellende Brausen, etwa wie bei einer starken Meeresbrandung, das durch
Gasexplosionen oder chemische Reaktionen hervorgerufen wird. Dann sieht man
Rauchwolken stoßweise aufsteigen, als würde in einer Erdspalte eine gigantische
Damplokomotive angeheizt werden. In sicherer Entfernung machen wir halt.
Professor Clocchiati, der seit fast dreißig Jahren jeden Ätna-Ausbruch unter-
sucht, hat die Zusammensetzung der Lava seit den ersten Ausbrüchen im Mai re-
gelmäßig analysiert. Der bis heute kontinuierlich angewachsene Magnesi-
umanteil beweise, so der Wissenschatler, dass das Gestein aus großer Tiefe
komme. Und noch etwas zeigt Clocchiati, indem er erkaltetes Geröll in der Hand
zerreibt und dabei heller Sand zum Vorschein kommt. Beim Aufstieg nehme die
Lava auch Teile des Sandbodens am Fuß des Berges mit auf und spucke gleichsam
den Strand von Catania 3000 Meter höher wieder aus.
Dann, es ist bald Mitagszeit, greit der Commissario zum Funkgerät. Der Mit-
tvierziger mit leuchtender Glatze, Sonnenbrille und Armmuskeln, die ein täg-
liches Hanteltraining vermuten lassen, wirkt im militärischen Outit und seiner
Dienstwafe am Gürtel wie einem New-York-hriller entsprungen. Aber was
macht er? Er schickt per Funk einen seiner Agenten von der Station Nicolosi aus
los, um frisches Brot zu kaufen. Und Wasser für die Pasta solle man auch schon
mal aufsetzen. Er habe gerade einen guten Wein aus seinem Heimatdorf bekom-
men, erklärt der doppelte Doktor Ferlito und lädt uns zum Essen in die kleine
Kaserne der Station von Nicolosi ein. Dort bereitet der Commissario dann selbst
den Sugo vor, holt Schafskäse aus dem Schrank und entkorkt den Wein. Vom
Fenster der Kaserne kann man den Ätna liegen sehen. Mit bloßem Auge sind die
Rauchwölkchen über dem Strom des heißen Gesteins aber nur zu erahnen, der
nachts so eindrucksvoll und etwas beängstigend leuchtet.
Man hat inzwischen damit begonnen, die Lavaströme mithilfe von Erdaufschüt-
tungen um die Ortschaten und Siedlungen herumzuleiten, die immer weiter den
majestätischen Berg hinaufgekletert sind. Dank dieser Maßnahmen ist eine
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