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Katastrophe wie die vor über 300 Jahren kaum noch denkbar. Dennoch kann es
immer wieder einzelne Häuser und kleinere Dörfer trefen. Wie dünn auch die
Haut der Zivilisation ist, zeigen die besonders in den Neunzigerjahren auf nordit-
alienische Mauern hingeschmierten Parolen gegen süditalienische Landsleute:
Forza Etna! - »Los Ätna, weiter so!«
Wenn die Erde bebt
Manchmal werden Vulkanausbrüche von leichten Erdbeben begleitet, auch wenn
Wissenschatler darauf hinweisen, dass zwischen diesen beiden Kräten kein un-
mitelbarer Zusammenhang besteht. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, das einen
beschleicht, wenn plötzlich die Lampe über dem Tisch anfängt zu schwingen, die
Bank, auf der man sitzt, wackelt und ein paar Bücher im Schrank umkippen. Be-
vor man auf alle Fragen (Warum ist mir schwindelig? Warum fallen die Bücher
um?) Antworten indet, hat man es realisiert: ein Erdbeben.
Ich habe mich zum Glück immer nur in den Randzonen eines Erdbebens aufge-
halten. Zum Beispiel in Rom 1980, als in der Irpinia, südöstlich von Neapel, ganze
Ortschaten zerstört wurden. In Neapel stehen heute noch Gerüste, die damals
zum Schutz der Häuser der Altstadt errichtet wurden. Und in der Irpinia hausen
Menschen immer noch in Containern, die vor fast vierzig Jahren als Notunter-
künte aufgestellt worden waren. Internationale Aufmerksamkeit erregte ein Erd-
beben in Umbrien 1997, als auch Kulturgüter wie Wand- und Deckenfresken
eines Gioto in der Franziskus-Basilika in Assisi zerstört wurden. Anfang April
2009 stand L'Aquila, die Regionalhauptstadt der Abruzzen, unter Schock. Starke
Erdstöße haten den Boden so erschütert, dass die Mauern von Häusern,
Kirchen, Stadtpalästen brachen, Dächer einstürzten, Straßenplasterungen aufris-
sen. »Wir haben den Drachen gespürt, der unter uns durchgelaufen ist«, sagte
eine Ärztin aus dem total zerstörten Weiler Onna vor den Toren von L'Aquila bei
meinem Besuch. Und ihr schauderte auch noch Wochen danach vor dem tiefen,
dunklen Grollen, mit dem das Beben Menschen und Tiere aus dem Schlaf geris-
sen hate. Rund 300 Menschenopfer forderte der Drachen damals, ganz zu sch-
weigen von den körperlichen und seelischen Verletzungen, unter denen viele
Einwohner noch heute leiden.
Die Apenninhalbinsel ruht geologisch auf einem äußerst labilen Grund. Unter ihr
liegt eine Schnitstelle der Erdkruste, an der zwei Kontinentalplaten aneinander-
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