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kurze Pasta wie die maltagliati , die schlecht geschnitenen Stücke, die bei der
Pastazubereitung übrig bleiben. In Ligurien gibt man noch etwas pesto alla genov-
ese , eine Basilikumsoße, hinzu. Und wieder aufgekocht wird sie in der Toskana
zur ribollita (u.a. mit Grünkohl). Die Zutaten indet man im eigenen Garten oder
auf dem Markt - so wird die Einheitssuppe zum individuellen Meisterstück.
Das Sprichwort gilt noch heute: »Natale con i tuoi, Pasqua con chi vuoi« (Weih-
nachten verbringe mit den Deinen, Ostern mit wem du willst). Also ist das Weih-
nachtsmahl das wichtigste im Jahr, wie die Familie für die Italiener die bedeu-
tendste gesellschatliche Institution ist. An Heiligabend gibt es traditionell kein
Fleisch. Man isst zum Beispiel den Fetaal, der wie die Schlange als Symbol der
Erbsünde gilt, von der uns Christus befreit hat. Am ersten Weihnachtstag gibt es
dann ein Menü, das Magen, Leber und Nieren auf eine harte Probe stellt. Auf eine
lange Folge von Vorspeisen und Pastagerichten stellen sich die secondi , die
Hauptgänge ein: gefüllte Schweinsfüße ( zamponi ) in der Emilia oder Truthähne
und Kapaune in Norditalien, Lammbraten auf Sardinien oder Zicklein in Süditali-
en. Als Beilage kann es Linsen geben (dem Aberglauben nach bringen sie Glück
und Geld), die aber auch in der Silvesternacht und zu Neujahr gegessen werden.
Zum Nachtisch reicht man besonders im Norden panetone (Mailand) oder pan-
doro (Verona), ein lockerer Hefekuchen mit oder ohne Rosinen und kandierten
Früchten.
Der Reichtum der italienischen Regionalküchen breitet sich mit Vor-, Nach-
speisen und dem ersten Gang um das Hauptgericht, den eigentlichen Kern eines
Essens, herum aus. Variiert wird so auch die traditionelle Speisenfolge, und fast
jeder Gang kann heute zu einem Hauptgang werden. Wer je in der »Tratoria
Calcinari« bei Pesaro in den Marken die schier unerschöpliche Folge von Fis-
chvorspeisen genossen hat, weiß, dass man vom Antipasto gleich zur Nachspeise
übergehen kann. Was dabei den Begrif Tratoria angeht, so kann man sich heute
nicht mehr darauf verlassen, dass die Tratoria ein eher einfaches Wirtshaus ist,
die Osteria vor allem eine Weinkneipe und das Ristorante gehobenen Ans-
prüchen genügt. Die Bezeichnungen purzeln durcheinander, sodass die Osteria
durchaus ein Luxusrestaurant sein und die Tratoria hier eine einfache Küche
und die um die Ecke ganz rainierte Speisenfolgen bieten kann.
Essen gehen ist jedenfalls teuer geworden in Italien und längst kein Volks-
vergnügen mehr. Manchmal spürt man jedoch noch die alten Zeiten. Am Son-
ntagabend, wenn auch die Hausfrau freihat, ziehen viele Familien in die Pizzeria.
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