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so viel vor meinem Blick verborgen hält.
Doch hinter ihr - wenn ich so sitze, schaue,
endlose Weiten formt sich dort mein Denken,
ein Schweigen, wie es Menschen nicht vermögen,
und tiefste Ruhe…
Wer sich gar nach einem arkadischen Italien sehnt, wird von Giorgio Manganelli
in seinem »Handbuch für unnütze Leidenschaten« (1985) verspotet: »Über Feld-
er und Wiesen laufen Faune, Geißböcke, Nymphen und Silene; zu jeder beliebi-
gen Tages- und Nachtzeit begegnet man bocksartigen, gehörnten, behaarten,
halbnackten Geschöpfen von äußerst zweifelhatem Niveau. Eine Urcousine von
mir kam von einer Sommerfrische auf dem Lande mit einer unglaublich verderb-
ten und ungebührlichen Redeweise zurück und geiel sich in den obszönsten
Witzen… Darüber hinaus hat man mir versichert, dass die Faune weder Wein-
sorten noch Jahrgänge unterscheiden können; für sie ist alles eins, ob Bracheto
oder Barolo, Rapitalà oder Rubesco. Die Nymphen sprechen nur Dialekt und wei-
gern sich, die Verse des illustren Leopardi, selbst in eigens für Nymphen kom-
mentierten Ausgaben, zu lesen.«
Auch ich in Arkadien
Irgendwie scheint dieser Traum nach Arkadien, den uns die klassischen Bildung-
sreisenden vor und nach Goethe eingebrockt haben, sowieso ein Missverständnis
zu sein. Denn Arkadien selbst ist ja eine griechische Landschat, und es muss zu-
dem eine ziemlich unwirtliche Region gewesen sein. Der antike Geschichtss-
chreiber Polybios, der dort um 200 v. Chr. geboren wurde, beschreibt ihre Ein-
wohner als ungebildete, grobschlächtige Hirten. Keine 150 Jahre später hate sich
Arkadien dann bei Vergil zur Traumlandschat gemausert. In seinen Hirtengedi-
chten träumte der alte Römer von einem verklärten Dasein in zeitlos schöner
Natur, in der man bei Sonnenuntergang unerfüllten Sehnsüchten nachhing. Diese
der Wirklichkeit entrückte Landschat wurde später in der italienischen Renais-
sance zum uell elegischer, überströmender Poesie.
Einen Höhepunkt bildete dabei Jacopo Sannazaros bukolische Dichtung »Arca-
dia«, die 1504 in Venedig erschien. Sie erzählt von einer Flucht in das einfache
Leben der Natur, in eine Sehnsuchtslandschat, die von Hirten wie von mytholo-
gischen Gestalten bewohnt wird. Es ist vermutlich kein Zufall, dass das neue
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