Travel Reference
In-Depth Information
Der gebrochene Käse
Käse, das soll Käse sein? Er ist weiß wie Porzellan, außen fest und innen feucht.
Er hat Biss und ist dennoch weich. Im Mund verbreitet er ein herrliches
süßsäuerliches Aroma mit einem leicht nussigen Nachgeschmack. Er erscheint
frisch und leicht - doch bei einem mitleren Fetgehalt von 20 bis 25 Prozent nim-
mt der Genießer eines der typischen eiförmigen Häppchen (rund 120 Gramm
Gewicht) immerhin über 300 Kalorien zu sich. Dieses Wunderding der Ernährung
ist eigentlich eine »sie«, jedenfalls in Italien, wo »er« seit über 700 Jahren bekan-
nt ist: la mozzarella . Was wäre die Pizza ohne ihren Käse, ohne die Mozzarella?
Mozzarella und Parmigiano sind inzwischen die bekanntesten Käsesorten Itali-
ens im Ausland. Beide brachten sich jenseits italienischer Grenzen zunächst als
Zutaten ins Gespräch, bevor man ihre wahre, ganz eigenständige Größe ent-
deckte. Der geriebene Parmigiano als Krönung klassischer Pastagerichte, die
Mozzarella als Pizzabelag. Im Gegensatz zum Parmigiano ist Mozzarella jedoch
keine geschützte Bezeichnung und kann für jeden quarkähnlichen, gezogenen
Frischkäse verwendet werden. uarkähnlich? Gezogen? Allein die Schwierigkeit,
Mozzarella zu beschreiben, zeigt ihre nationale wie regionale Einzigartigkeit.
Südlich von Salerno im Alentotal habe ich bei Vallo die Käserei »La Pastorella
Cilentana« besucht. Renato, der 22-jährige Sohn des Besitzers, zeigte mir hier,
wie er mit drei Mitarbeitern Mozzarella herstellt. Die frisch gemolkene und pas-
teurisierte Milch wird auf 35 bis 36 Grad erhitzt und unter Zusatz von Milchbak-
terien, Labfermenten und Molkerückständen vom Vortag vergoren. Nach etwa
einer Stunde bildet sich eine festere Masse, die absinkt. Der Rahm an der Ober-
läche wird abgeschöpt, noch einmal auf rund 80 Grad erhitzt und zu Ricota
(Molkenkäse) weiterverarbeitet.
Die feste Masse muss, von etwas Molke bedeckt, weitere zwei bis drei Stunden
ruhen. Dann kommt der entscheidende Moment, in dem sich die ualität des
Käsemeisters (und damit die des Käses) zeigt. Renato bröckelt etwas Käsemasse
in kochend heißes Wasser und prüt mit einem Stock, ob der Käse richtig zieht,
als würde ein Kaugummi Blasen werfen. Wenn es soweit ist, geht alles sehr
schnell: In großen Holzbotichen wird die Käsemasse mit dem Wasser (92 Grad)
vermischt und ein bis zwei Minuten verrührt. Ein Gehilfe schöpt die
übrigbleibende Flüssigkeit wieder ab (die, mit Salz vermischt, später eine aus-
gezeichnete Lake zur Aubewahrung der Mozzarella hergibt), zwei weitere Helfer
»brechen« jetzt aus der Mozzarellamasse die typischen Formen heraus oder fül-
Search WWH ::




Custom Search