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zurzeit von dem Twiner Verleger Urbano Cairo kontrolliert), ist es immerhin
gelungen, einen kleinen Keil zwischen die beiden Pole RAI und Mediaset zu
treiben. Alle anderen privaten Sender haben nur regionale, meist nur lokale
Bedeutung. Ihr Programmschema mischt Verkaufssendungen mit spiritistischen
Beratungen, B-picture-Filme mit gelegentlichen Lokalnotizen. Porno-Sender sind
über Gebührenkarten zu empfangen, werben aber mit unsäglichen Dauerspots
besonders zu den Nachtstunden auf den freien Wellen. Bei Ereignissen wie bei
den Demonstrationen des G8-Gipfels in Genua oder bei der Flugzeugkatastrophe
in Mailand können Lokalsender jedoch lexibel reagieren und durch ein nonstop
improvisiertes Informationsprogramm zeigen, wozu das Medium Fernsehen fähig
ist. Was allerdings nur ganz selten vorkommt. Die Digitalisierung, das Ende der
analogen, terrestrischen Übertragung wird diesen Sektor noch gehörig durchein-
anderwirbeln. Was sich bereits im Internet andeutet.
Web-TV: Das Kostüm des arlecchino
Hilf dir selbst, dann hilt das Web. Mit dieser Formel befreite sich der
siebzigjährige italienische Rentner Piero Vellini von dem Frust, dass das Region-
alfernsehen der RAI nie Berichte aus seiner Heimatstadt Saronno bei Mailand
brachte. Er trommelte ein paar Gleichaltrige zusammen, kaute eine Digitalkam-
era und ing an, Berichte und Interviews zu drehen, die er an seinem Computer
im Wohnzimmer sauber schnit und auf der eigens dafür eingerichteten Webseite
»www.pierodasaronno.it« (wörtlich: www.Piero-aus-Saronno.it) veröfentlichte.
Als das Rentnerfernsehen 2004 ans Netz ging, gehörte Vellini noch zu einer
Avantgarde, denn in Italien gab es damals gerade mal 40 solcher Web-TV-Anbi-
eter. Heute sind es fast 600. Und Piero ist immer noch dabei. Er hat allerdings
seine Mannschat um ein paar jüngere Mitarbeiter verstärkt.
Das Webfernsehen ist in Italien regelrecht explodiert. Es ist (bis auf wenige
Ausnahmen) gratis und überall zu empfangen, vorausgesetzt man hat einen
(nicht zu langsamen) Internetzugang. Technisch bedienen sich die Web-Stationen
bei YouTube oder (seitdem YouTube seine Unabhängigkeit verloren hat und zum
Google-Konzern gehört) bei Vimeo. Im Vordergrund steht lokale Berichterstat-
tung, wie sie etwa Bari.tv oder Malpensa24.tv liefern. Geboten wird ein
Livestreaming von der Sitzung im Gemeinderat, man berichtet kritisch über die
Müllabfuhr oder stellt Videos über »Events« (von der Misswahl bis zur Kirch-
weih) ins Netz. Natürlich darf der Sport nicht fehlen. Manche Stationen haben
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