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Die historische Anlage, die sich hinter einer hohen Mauer verbirgt, war im
späten 18. Jahrhundert anstelle eines Klosters als einer der vielen Adelssitze
nördlich von Mailand am Lambro-Fluss entstanden. Von der Mite des
19. Jahrhunderts an war die Villa im Besitz der Familie Casati, die zum
aufgeklärten liberalen Adel gehörte. Der letzte männliche Spross, Camillo Casati,
erschoss 1970 in Rom seine hübsche Frau, deren Liebhaber und auch sich selbst.
Einzige Erbin war Camillos minderjährige Tochter Annamaria. Ein gerichtlich zu-
geteilter Vormund riet ihr 1974, das Anwesen samt Bibliothek mit etwa 10000
Bänden und einer Gemäldesammlung an Silvio Berlusconi zu verkaufen, weit
unter Wert. Berlusconi war damals gerade als Bauunternehmer mit der Mailänder
Gartenvorstadt »Milano Due« zu Geld gekommen und plante ein kleines privates
Kabelfernsehen für seine Siedlungen. Der Vormund, Rechtsanwalt Cesare Previti,
wurde später einer der engsten Berater Berlusconis - und mehrfach wegen Kor-
ruption verurteilt.
Silvio Berlusconi zog mit seiner ersten Frau Carla Dall'Oglio in die Villa San
Martino ein, die zur Folie seines Aufstiegs wurde. Hier wuchsen seine Kinder
Marina (geboren 1966), heute Chein des Mondadori Verlags, und Piersilvio (ge-
boren 1969), Vizepräsident der TV-Gesellschat Mediaset, auf. Vom Bildhauer Pi-
etro Cascella ließ er sich in den Achtzigerjahren ein Marmor-Mausoleum nach
altägyptischem Vorbild für seine Familie in den Park bauen. Als Stallknecht
beschätigte Berlusconi einen später verurteilten Maiaboss, gerüchteweise, um
sich so vor Angrifen der sizilianischen Cosa Nostra zu schützen. Und von hier
aus organisierte er 1993/1994 dann auch seinen Wechsel in die große Politik.
Seine zweite Frau, die Schauspielerin Veronica Lario, die sich inzwischen wieder
von ihm getrennt hat, zog dagegen für sich und ihre drei Kinder ein anderes
Berlusconi-Anwesen vor: die Villa Belvedere Visconti in Macherio bei Monza, wo
sie immer noch wohnt.
Die Villa in Arcore hinter einer hohen, von Büschen versteckten Mauer ist
dagegen ein Symbol für Italien unter Berlusconi geworden, der dreimal als Min-
isterpräsident Italien regierte (1994/1995; 2001 bis 2006; 2008 bis 2011). Aber auch
als Oppositionschef prägte er das politisch-gesellschatliche Klima, sodass man zu
Recht von einer Berlusconi-Ära 1994 bis 2014 sprechen kann.
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