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Eine unbequeme Welt auch für Mächtige: Viele Jahre ihres Lebens verbrachte
die Markgräin in den meist nur mäßig beleuchteten, kalten oder nur schlecht
heizbaren Räumen ihrer Burgen. Bei eisigen Winden in den Bergen oder
feuchtem Nebel in den Niederungen, bei Regen und Schnee, »der damals reich-
lich iel« (Fumagalli). Mit Ehemännern hate Mathilde, die nach zeitgenössischen
Berichten eine sehr schöne Frau gewesen sein soll, wenig Glück. Noch als Ju-
gendliche musste sie aus politischen Gründen Gotfried den Buckligen von Lo-
thringen heiraten, einen hässlichen und missgestalteten Typ, der sich zudem bald
auf die Seite des Kaisers stellte. Später erschien es der über Vierzigjährigen op-
portun, Welf V. von Bayern zu heiraten. Doch der bei der Heirat sechzehnjährige
Jüngling, dick und impotent, verließ sie bald wieder, weil sie ihm das Erbe ihrer
Güter verweigerte. Auch das bayrische Welfenhaus iel danach von der päpst-
lichen Seite ab.
Mathilde, wie sie uns in Miniaturen in der Handschrit des Donizone erscheint,
wird eine einsame Frau gewesen sein. Umso wichtiger war ihr wohl die Freund-
schat mit Papst Gregor VII., was sie wiederum Verleumdungen als »römische
Hure« von kaiserlicher Seite aussetzte. Ein Jahr nach dem Bußgang von Canossa
vermachte sie die gesamten Besitzungen ihrer Familie dem Heiligen Stuhl und er-
hielt sie sogleich vom Papst als ein Lehen auf Lebenszeit zurück. Mathilde von
Canossa starb 1115 im Kloster von San Benedeto mit 69 Jahren, nachdem sie
lange an der Gicht, der typischen Krankheit der Adeligen, geliten hate. Das
schönste Nachwirken der Epoche Mathildes ist vielleicht das wilde Landschatsb-
ild um Reggio mit seinen romanischen Kirchen, historischen Brücken und mit-
telalterlichen Burgen. Auch wenn von Canossa selbst nicht viel mehr bleibt als
klägliche Mauerreste - wie ein hohler Zahn der Zeit auf einem bröckelnden
Felsen.
Städte als Geschichtsbücher
In Capri tauchen immer wieder Debaten auf, ob man das Lenindenkmal im Ort
nicht abreißen lassen soll, das der Bildhauer Giacomo Manzù vor über vierzig
Jahren geschafen hat. Doch jeder, auch der von rechten Parteien dominierte
Stadtrat hat sich bislang diesem Ansinnen widersetzt. Lenin, der auf Capri den
Schritsteller Maxim Gorki besucht und sich dort zwischen 1908 und 1910 zweim-
al für längere Zeit aufgehalten hate, gehört nun einmal zur Insel, fast so wie die
Blaue Grote. Dieses Verhalten hat Tradition. In den italienischen Städten hat
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