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hielt das Gericht es nicht mehr für erforderlich, auf die Frage einzugehen, ob die
wissenschaftlichen Erkenntnisse neu waren. Das Gericht erklärte deshalb das Aus-
bringungsverbot in Oberösterreich für gemeinschaftsrechtswidrig. Der EuGH folgte
dieser Ansicht und wies die Revisionsklage Österreichs zurück.
Auf den ersten Blick scheint es, dass eine verbindliche Agrarplanung, die GVO-
freie Zonen festlegt, nach dieser Rechtsprechung als nationaler Alleingang i.S.d.
Art. 114 Abs. 5 AEUV unzulässig ist. Dies mag für Freisetzungen richtig sein.
Für das Inverkehrbringen von genehmigten GVO gilt u.E. dagegen etwas anderes
(zum Folgenden Winter 2007 , S. 639 f.). Die europäischen Gerichte haben nur
solche Maßnahmen für rechtswidrig erklärt, die ein ganzes Land betreffen. Bei
Maßnahmen, die örtlich begrenzt und durch sachliche Gründe wie solche der Ko-
existenz begründet sind, handelt es sich gar nicht umMaßnahmen i.S.d. Art. 114 (5)
AEUV, so dass auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für diese nicht anzuwenden
sind. Es handelt sich vielmehr um Maßnahmen, die die Genehmigung selbst gar
nicht ausschließen will . 16 Ähnlich wie eine Vermarktungsgenehmigung es nicht
ausschließt, dass die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in Wasser- oder Na-
turschutzgebieten untersagt wird, hindert eine Vermarktungsgenehmigung für GVO
nicht daran, die Verwendung in bestimmten Gebieten zu beschränken. Die Geneh-
migung zur Freisetzung und zum Inverkehrbringen eines GVO bedeutet nicht, dass
der GVO überall genutzt werden können muss. Die Mitgliedstaaten haben insofern
einen Spielraum zur Festlegung von regionalen Bestimmungen. Wie oben ausge-
führt, dürfen die Maßnahmen jedoch nicht so umfangreich sein, dass sie de facto
einem Verbot des Inverkehrbringens von GVO gleichkommen (EuGH 2009a , Rn.
56; EuGH 2009b , Rn. 24).
11.5.3 Völkerrecht
In Betracht zu ziehen sind Völkerrechtsnormen, die den Schutzaspekt, und solche,
die den Förderungsaspekt betonen. Zu den Ersteren gehört das Cartagena-Protokoll
über biologische Sicherheit von 2000, das seit 2003 in Kraft ist und bisher von
160 Staaten ratifiziert wurde. Obwohl es sich auf den grenzüberschreitenden Han-
del mit lebenden genetisch modifizierten Organismen konzentriert, enthält es auch
Vorschriften über innerstaatlich wirkende Maßnahmen wie insbesondere Art. 26:
The Parties, in reaching a decision on import under this Protocol or under its domestic mea-
sures implementing the Protocol, may take into account, consistent with their international
obligations, socio-economic considerations arising from the impact of living modified orga-
nisms on the conservation and sustainable use of biological diversity, especially with regard
to the value of biological diversity to indigenous and local communities.
So unklar diese Vorschrift ist, sie gibt doch einer verbreiteten Kritik an der In-
dustrialisierung der Landwirtschaft Ausdruck. Zu dieser ist auch die Gentechnik
16 Diesen Gesichtspunkt verkennt Dederer 2010 , S. 121 f.
 
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