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Polen im
neuen Jahrtausend
werden die ländlichen Regionen mehr
und mehr abgehängt, besonders im
polnischen Osten. Von den Regionen
Europas mit dem niedrigsten Bruttoin-
landsprodukt rangieren 2002 gleich
sechs Regionen Polens unter den
schlechtesten zehn; darunter War-
mińsko-Mazurskie mit einem Index
von 34 (EU-Durchschnitt liegt bei
100), untertroffen nur noch von Pod-
karpackie (33) und schließlich Lubels-
kie (32) auf dem untersten Rang aller
Regionen Europas. Zum Vergleich: In-
ner London (315), Hamburg (188),
Wien (174).
Am 1. Mai 2004 tritt die Republik
Polen der Europäischen Union bei.
Mit dem Geldregen, der sich danach
über die östlichen Grenzregionen er-
gießt, werden Straßen asphaltiert,
Ortskerne saniert und Beschäftigungs-
programme aufgelegt.
Doch nichts davon kann das Aus-
einanderdriften der einzelnen Wirt-
schaftsregionen stoppen. Polen zer-
fällt immer weiter in florierende Groß-
städte und in Gebiete, in denen Per-
spektivlosigkeit den Alltag bestimmt.
In Ostpolen wissen die Armen oft
nicht, wovon sie noch leben sollen.
Dörfer mit 100 Prozent Arbeitslosig-
keit sind nicht die Ausnahme, sondern
die Regel. Wer jung und fit ist, zieht in
die Stadt. Zurück bleiben die Alten,
die in ihren Gärtchen wieder Kartof-
feln anbauen und Subsistenzwirtschaft
treiben. Das Tourismusgeschäft, wie
es in Nordpolen über drei Sommer-
monate blüht, machen andere. Und
was am Ende vom Tag übrig bleibt, ist
oft nur noch Gottvertrauen.
Kirche, Konservative
und Postsozialisten
Anfang Oktober 2000 gewinnt der So-
zialdemokrat Aleksander Kwaśniews-
ki zum zweiten Mal die Präsident-
schaftswahl und wird für die nächsten
fünf Jahre im höchsten Staatsamt be-
stätigt. Durch nichts ist die Talfahrt der
konservativen Wahlaktion Solidar-
ność (AWS) noch aufzuhalten, von der
sich vor allem die einfachen Men-
schen mit großer Enttäuschung abge-
wandt hatten. Bei den Sejm-Wahlen
im September 2001 scheitert das Mit-
te-Rechts-Bündnis AWS an der gesetz-
lichen Acht-Prozent-Hürde für Wahl-
bündnisse, nicht ein einziger Vertreter
der alten Regierungsfraktion zieht ins
neue Parlament ein. Ein einzigartiger
Vorgang - wie es damals scheint.
Aber nur vier Jahre später wird die
neue Regierungskoalition, bestehend
aus dem Bündnis der Demokratischen
Linken (SDL) mit der Union der Arbeit
(UP) und der Polnischen Bauernpartei
(PSL), ebenso rabiat abgestraft. Denn
ausgerechnet die Postsozialisten ver-
passen dem Land 2001 bis 2005 eine
marktradikale Rosskur von bis dahin
ungeahntem Ausmaß, die Polen zwar
einen enormen wirtschaftlichen Auf-
schwung einbringt, dem 38-Millionen-
Volk aber auch acht Millionen Arbeits-
lose beschert. Während die städti-
schen „Leuchttürme“ prosperieren, al-
len voran die Hauptstadt Warschau,
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