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Kompetenzen geworden und Polen
zur Rzeczpospolita, zur Adelsrepublik.
Das 15. und besonders das 16. Jahr-
hundert unter der Regierung der letz-
ten beiden Jagiellonen Zygmunt I.
Stary („der Ältere“, reg. 1506-48) und
Zygmunt II. August (reg. 1548-72)
ging als das „Goldene Zeitalter“ in
die Geschichte ein. Wirtschaft und
Handel blühten, ab 1514 erschienen
die ersten Bücher in polnischer Spra-
che, und Nikolaus Kopernikus revolu-
tionierte die Welt mit seiner Ent-
deckung, dass sich die Erde um die
Sonne dreht. Eine weitere Revolution
war der Protestantismus, dem sich
überwiegend die deutschsprachigen
polnischen Hoheitsgebiete anschlos-
sen. 1525 wurde der Ordensstaat sä-
kularisiert und in ein preußisches
Herzogtum unter polnischer Ober-
lehnshoheit umgewandelt.
die Polen, wie es die wissenschaftli-
chen Thesen jener Zeit erläuterten, an-
geblich herstammten - ein reiches
und riesiges Land irgendwo im heuti-
gen Iran, dessen Bewohnern die Tau-
ben in den Mund flogen und die des-
halb nicht arbeiteten, sondern dem
süßen Müßiggang frönten. Wer sar-
matischer Abstammung war, war ein
Pole, zumindest wenn er der Ober-
schicht angehörte. Man behängte sich
mit orientalischen Klunkern, baute
prunkvolle Paläste und übersah fataler-
weise dabei, dass sich mittlerweile die
politische Landkarte Europas bedroh-
lich verschob. Längst war Polen zum
Objekt der Begierde verschiedener
Mächte geworden. Nur die „Sarma-
tier“ hatten noch nichts bemerkt.
Mit dem Tod Zygmunts II. 1572 ging
die Herrschaft der Jagiellonen und
auch das polnische Goldene Zeitalter
zu Ende.
Nihil novi
Die Sintflut
Doch das Goldene Zeitalter barg den
Keim des Untergangs von Anfang an
in sich. Tatsächlich wurde er bereits
1505 mit dem Nihil Novi ausgesät: Die
Konstitution sah ein Liberum Veto vor,
ein Vetorecht für den Einzelnen. Ähn-
lich wie heute im UN-Sicherheitsrat,
konnte mit dem Liberum Veto also ein
Einzelner alles verhindern. Zwar wur-
de es erst 1652 konkret angewandt,
doch führte bereits die hypothetische
Möglichkeit zur Lähmung des gesam-
ten Regierungsbetriebs.
Stattdessen zog beim polnischen
Adel der Sarmatismus ein. Sarmatien
hieß das märchenhafte Land, von dem
Nach dem Ableben Zygmunts II. sollte
sich das polnische Wahlkönigtum end-
gültig als verhängnisvoll erweisen. Im
Osten war Russland inzwischen zur
wichtigen politischen Größe in Europa
aufgestiegen, im Norden Schweden,
und im Westen stand Preußen kurz
davor sich zu formieren.
Schaut man sich einmal die Liste der
polnischen Könige von 1572 bis 1795
an: Wer dieser Herrschaften hätte sich
wohl für Polen stark machen wollen?
Neben vier Polen - darunter Jan III. So-
bieski (reg. 1674-96), der berühmte
Türkenbezwinger vor Wien - waren es
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