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Exkurs 2.7
Ein zersplittertes Europa wird geeint - auch bei der
Vegetationsklassifikation?
Die Vielfalt der Pflanzen und ihrer Lebensräume in Europa
zu erfassen und zu klassifizieren, ist eine komplexe Auf-
gabe, die die Vegetationskundler der europäischen Länder
bisher mit unterschiedlichen Methoden für die einzelnen
Großregionen bearbeitet hatten:
Die ökologisch-soziologische Arbeitsweise der russi-
schen Schule beruht dagegen insbesondere auf domi-
nanten Arten in Verbindung mit Klima- und Bodenmerk-
malen (Walter 1979). Nach dieser Methode werden die
weiten Räume Russlands einschließlich Sibiriens und
Zentralasiens vegetationskundlich gegliedert (Kreeb
1983).
Die floristische Raumgliederung nach Florenzonen, Flo-
renregionen und Florenprovinzen Europas stellt eine der
ältesten pflanzengeographischen Gliederungen dar
(Meusel et al. 1965). Diese auf den Arealen der Pflan-
zensippen beruhende Klassifikation unterscheidet auf
höchster Ebene zwischen arktischer, borealer, tempera-
ter und meridionaler Zone.
Wegen der unterschiedlichen Methoden und Klassifika-
tionssysteme, die in Europa angewendet werden, ist es
schwierig, eine Vegetationskarte des ganzen Kontinents
nach einheitlichen Kriterien zu erstellen. In einem umfas-
senden europäischen Gemeinschaftsprojekt haben Bohn &
Neuhäusl (2000/2003) mit Vegetationskundlern und Geo-
botanikern aus 31 Staaten Europas eine Karte der natür-
lichen Vegetation Europas erstellt, deren Konzept die unter-
schiedlichen pflanzensoziologischen Schulen Europas
vereint und auf einem hierarchisch gegliederten System
physiognomisch-ökologischer Pflanzenformationen, domi-
nanter Arten und charakteristischer Artenkombinationen
beruht.
Dagegen wird bei der floristisch-soziologischen Arbeits-
weise der Schule Zürich-Montpellier die gesamte Arten-
verbindung bei der Klassifikation von Pflanzengesell-
schaften berücksichtigt (Braun-Blanquet 1964). Diese
Methode der Pflanzensoziologie wird hauptsächlich in
Mittel- und Südeuropa angewandt.
Als weiterer Gliederungsansatz ist die Dominanzme-
thode der Uppsala-Schule zu erwähnen, deren Klassifi-
kation auf dominanten und konstanten Arten der Vege-
tationsschichten beruht (Du Rietz 1930). Nach dieser
Methode wird überwiegend in Skandinavien gearbeitet.
Tausend Jahre andauernden Nutzungsgeschichte über-
prägt und umgewandelt worden. Die landwirtschaft-
lichen Gunststandorte wurden schon früh agrarisch
genutzt, die Ungunststandorte später durch Drainage,
Bewässerung und Düngung melioriert und die Wälder
zu Nutzforsten umgebaut. Somit finden wir nur noch
kleine Reste der natürlichen Vegetation in Europa.
heiten zu erreichen. Die natürliche Vegetation Europas
ist in dieser Karte daher folgendermaßen gegliedert (vgl.
Legende in Abb. 2.45):
Die erste Gliederungsebene unterscheidet die zonale,
extrazonale und azonale Vegetation als drei Hauptgrup-
pen. Die zonale Vegetation stellt sich großräumig im
Tiefland auf durchschnittlichen Böden ohne extreme
Eigenschaften wie Überschwemmung, Vernässung oder
Flachgründigkeit ein. Sie steht mit dem Klima im opti-
malen Einklang und ändert sich in ihrer floristischen
Zusammensetzung und ihren standörtlichen Bedin-
gungen nur über größere Distanzen. Die extrazonale
Vegetation hat ihre zonale Verbreitung in anderen Kli-
magebieten, wie zum Beispiel die alpinen Zwergstrauch-
heiden ihre zonale Verbreitung als Formation in der sub-
polaren Tundrenzone haben. Die extrazonale Vegetation
findet sich in den Vegetationshöhenstufen der Hochge-
birge wieder. Die azonale Vegetation hingegen wird von
spezifischen bodenökologischen und hydrologischen
Einflüssen bestimmt, wie regelmäßige Überschwem-
mungen und Vernässung. Ihre Gesellschaften können
Die Karte der natürlichen Vegetation
Europas
Die Vegetationskarte Europas in diesem Buch (Abb.
2.45) wurde aus den Karten der natürlichen Vegetation
Europas im Maßstab 1:2 500 000 (Bohn & Neuhäusl
2000/2003) entwickelt. Dazu wurden die dort dargestell-
ten 700 pflanzensoziologischen Kartierungseinheiten
Europas aggregiert und teilweise hierarchisch neu
gegliedert, um dem stark verkleinerten Maßstab in die-
sem Buch gerecht zu werden und um eine deutlichere
klima- und ökozonale Zuordnung der Vegetationsein-
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