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aufgrund der extremen Standortbedingungen in mehre-
ren Vegetationszonen relativ gleichartig - das heißt mit
nur geringen floristischen Abwandlungen - vorkom-
men. Beispiele sind Salzwiesen, Moore und Flussauen.
Die zweite Gliederungsebene unterscheidet fünf
Ökozonen Europas in der Hauptgruppe der zonalen
Vegetation. Die ökozonale Gliederung in die polare/
subpolare, boreale, temperiert-immerfeuchte, tempe-
riert-wechselfeuchte/trockene sowie die subtropisch-
winterfeuchte Zone lässt sich gut in Karten und Klassifi-
kationssysteme der Ökozonen der Erde einfügen (z. B.
Glawion & Klink 2008, Glawion et al. 2012, Schultz
2008, Schmithüsen 1976).
In der dritten Gliederungsebene werden die Öko-
zonen in 14 Pflanzenformationen unterteilt; bei der
extrazonalen Vegetation werden drei Formationen der
Gebirgshöhenstufen und bei der azonalen Vegetation
drei Formationen der hydrologisch geprägten Standorte
(Küsten, Moore, Auen) unterschieden. Die Pflanzenfor-
mationen sind nach physiognomisch-ökologischen
Merkmalen und dominanten Arten charakterisierte
Vegetationstypen, die in der Karte von Bohn & Neuhäusl
(2000/2003) aus Pflanzengesellschaften der potenziellen
natürlichen Vegetation (pnV) aufgebaut sind. Die pnV
gibt einen (gedachten) Vegetationszustand wieder, der
sich unter den heutigen Standortbedingungen einstellen
würde, wenn der menschliche Einfluss aufhörte. Wäh-
rend in den peripheren Räumen Nord- und Osteuropas
die tatsächlich vorhandene (reale) Vegetation noch
naturnah ist und damit weitgehend der pnV entspricht,
weichen reale und potenzielle Vegetation in den seit
mehreren Tausend Jahren besiedelten Regionen Mittel-
und Südeuropas erheblich voneinander ab. So sind im
dichtbesiedelten und agrarisch intensiv genutzten
Mitteleuropa als pnV überwiegend Waldformationen
kartiert. Karten der potenziellen natürlichen Vegetation
geben das ökologische Potenzial der Räume wieder, das
heißt das Vermögen des Landschaftshaushalts, be-
stimmte Leistungen der Ökosysteme zu ermöglichen
und für eine Nutzung bereitzustellen, zum Beispiel für
Zwecke der naturschutzfachlichen, agrar-, weide- und
forstwirtschaftlichen Inwertsetzung (Glawion 1989a,
1989b).
diese Formation mit ähnlichen physiognomisch-ökolo-
gischen und teilweise auch floristischen Merkmalen als
extrazonale Vegetation weit nach Süden bis in die medi-
terrane Zone fort (E1).
Als Übergangssaum zwischen der subpolaren und der
borealen Zone sind im hochozeanischen Klima Islands
(Glawion 1985, 1986) und der Westküste Norwegens
Birkenwälder, im Nordrussischen Tiefland Birken-
Kiefern-Wälder als niedrigwüchsige, offene Lichtwälder
(2.1) verbreitet (Abb. 2.46a). Auch diese Formation hat
mit ähnlichen Gestalttypen ihre Fortsetzung in der sub-
alpinen Höhenstufe der Alpen, der Pyrenäen und des
Kaukasus (E2, Abb. 2.46b).
Während sich im ozeanisch geprägten Westen Euro-
pas an die subarktischen Lichtwälder nach Süden bereits
nemorale Laubwälder der temperierten Zone anschlie-
ßen, schiebt sich in Skandinavien und Russland ein brei-
ter Gürtel borealer Nadelwälder dazwischen. Abhängig
von den Klima- und Bodenverhältnissen sind diese
überwiegend aus Fichte und Tanne (2.2) oder Kiefer
(2.3) zusammengesetzt. Die Kiefernwälder reichen auf
nährstoffarmen, sandigen Böden bis weit nach Süden in
die nemorale Zone des ostmitteleuropäischen Tieflands
hinein und bilden dort Eichen-Kiefern-Mischwälder. Als
Übergang zwischen den borealen Nadelwäldern und
den sommergrünen Laubwäldern zieht sich ein Gürtel
aus Mischwäldern mit Fichte und Tanne, denen Eiche,
Linde, Ahorn und weitere Laubbaumarten beigemischt
sind, vom Ostbaltischen Tiefland bis zum Mittleren Ural
(3.1). Eine südliche Fortsetzung finden die borealen
Wälder als Gebirgsnadelwälder in der montan-hoch-
montanen Stufe der Alpen, der Karpaten, des Kaukasus
und sogar des östlichen Schwarzwaldes (E3).
Die temperiert-immerfeuchte Zone Europas wird
überwiegend von sommergrünen Laub- und Mischwäl-
dern beherrscht. Diese erstrecken sich vom Nordwesten
der Iberischen Halbinsel bis zum Südlichen Ural und
bilden die potenzielle natürliche Vegetation der plana-
ren bis submontanen Höhenstufen der Britischen
Inseln, Frankreichs, Deutschlands, Polens, Ungarns,
Tschechiens, der Slowakei, Norditaliens und großer Teile
des Balkans. In Osteuropa klingt der nemorale Laub-
waldgürtel als schmaler werdendes Band zwischen der
hemiborealen Mischwaldzone (3.1) und der Waldsteppe
(4.1) aus.
Die zahlreichen Gesellschaften der sommergrünen
Laubmischwälder werden in Abbildung 2.45 in drei For-
mationstypen zusammengefasst. Auf frischen bis mäßig
feuchten Böden dominieren im ozeanischen Klima
Westmitteleuropas die Buchen- und Buchenmischwäl-
der (3.3). In der montanen bis hochmontanen Höhen-
stufe sind zum Teil Tanne und Fichte beigemischt. Die
Rotbuche ist in ihrem klimatischen Wuchsbereich so
konkurrenzstark, dass sie auch auf basenarmen, sauren
Böden zur Vorherrschaft gelangt (Abb. 2.47). Nur auf
Die natürlichen Pflanzenformationen
Europas
Während wir polare Kältewüsten (Formation 1.1 in
Abb. 2.45) außerhalb der Vergletscherungsbereich nur
auf der hocharktischen Insel Spitzbergen antreffen, sind
subpolare Zwergstrauchtundren mit Moosen und Flech-
ten (1.2) auch auf Island und im Nordrussischen Tief-
land verbreitet. In der alpinen Höhenstufe der Skanden,
der Alpen, der Pyrenäen und des Kaukasus setzt sich
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