Geography Reference
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Belastung der Fische mit Schwermetallen ist so weit
zurückgegangen, dass die Fische aus dem Rhein Ende
der 1990er-Jahre wieder zum Verzehr freigegeben wur-
den (IKSR 2003).
Zu Beginn des neuen Jahrtausends lässt sich eine wei-
tere Verschiebung weg von den punktuellen Belastungen
hin zu diffusen Stoffeinträgen beobachten (IKSR 2004),
deren Lokalisierung und damit auch Eliminierung eine
große Herausforderung darstellen. Bei den heute einge-
tragenen Stoffen handelt es sich häufig um Spurenstoffe,
das heißt Stoffe, die nur in geringster Konzentration
vorkommen. Für den Rhein von Bedeutung sind Pflan-
zenschutzmittel wie Diuron und Lindan sowie Persis-
tente Organische Schadstoffe (POPs) wie PCB (IKSR
2010). Zu den sogenannten „neuen Problemstoffen“
zählen Rückstände von Arzneimitteln, deren Bedeutung
für die Wasserqualität bisher nur ansatzweise geklärt ist.
Obwohl Arzneimittelrückstände im Wasser bisher nur
im ng- bis μg-Bereich nachgewiesen werden, ist ihr
potenzielles Risiko für Mensch und Umwelt, vor allem
aufgrund der schwierigen Eliminierbarkeit vieler Stoffe,
nicht einschätzbar (Frimmel & Müller 2006).
Jeder Fluss hat ein natürliches Überschwemmungs-
gebiet: die an das Gerinne angrenzende flache Talaue.
Mit beginnendem Ackerbau und Erosion auf den Hän-
gen des Einzugsgebiets ist das Feinmaterial am Rande
der Gewässer zur Ablagerung gekommen, was auch
heute noch bei Hochwasser mit Vorlandabfluss ge-
schieht. Die durch die fortwährenden Überschwem-
mungen entstandenen fruchtbaren Auenböden, die
wirtschaftliche Entwicklung und die günstigen Trans-
portbedingungen haben dazu geführt, dass zahlreiche
Siedlungen in Flussauen entstanden und zu Großstäd-
ten wie zum Beispiel Köln heranwuchsen. Heute ist die
direkte Nähe zum Rhein für die Kölner Alltag und
Lebensqualität. Doch was passiert, wenn der Fluss sein
natürliches Überschwemmungsgebiet nutzen will? Steigt
der Pegel des Rheins über einen kritischen Wert, wer-
den innerhalb von mehreren Stunden 9,5 Kilometer
mobile Schutzwände entlang des Kölner Hafens errich-
tet (HKC 2011).
Aber auch für Köln gilt „Jeder Unterlieger ist ein
Oberlieger“ und eine lokal wirksame Hochwasser-
schutzmaßnahme kann regional negative Auswirkungen
auf die Unterlieger haben. Ein ganzheitliches und über-
regionales Konzept des Hochwasserschutzes ist daher
wichtig und wird bei einem internationalen Flussgebiet
von der Größe des Rheins schnell zu einer großen Her-
ausforderung (SEBK 2011). Nach dem „Weihnachts-
hochwasser“ von 1993, gefolgt vom Rhein- und Mosel-
hochwasser 1995 mit 200 000 evakuierten Menschen
entstand Handlungsbedarf. Die IKSR beschloss den
„Aktionsplan Hochwasser“, ein Gemeinschaftsprojekt
der Rheinanliegerstaaten zum Schutz der Menschen und
ihres Eigentums vor dem Wasser (IKSR 2007).
Der moderne Hochwasserschutz steht auf drei Säu-
len. Die erste Säule der „Hochwasservorsorge“ umfasst
die Flächen- und Bauplanung in den vom Hochwasser
gefährdeten Gebieten, Hochwassermelde- und Warn-
systeme sowie die Bewusstseinsbildung in der breiten
Bevölkerung. Die zweite Säule des „Technischen Hoch-
wasserschutzes“ meint neben den klassischen Instru-
menten wie Deichen und Rückhaltebecken den Ausbau
von Gewässerabschnitten. Die dritte Säule dient der
„Stärkung des natürlichen Wasserrückhaltes in der Flä-
che“, beispielsweise in Form von Entsiegelung und
Wiederbewaldung (MLU 2011).
Die Zwischenbilanz der IKSR aus dem Jahr 2007 fällt
überwiegend positiv aus, betont jedoch die nötige
Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedin-
gungen (IKSR 2007). So lässt sich über die letzten
100 Jahre für das Rheineinzugsgebiet ein Anstieg der
Lufttemperatur von 0,5 bis 1,2 °C nachweisen. Auch die
Niederschläge nehmen zu - eine Veränderung, die sich
vor allem auf das Winterhalbjahr konzentriert. Als Kon-
sequenz dieser Entwicklung wird in Zukunft mit einer
Zunahme der Abflüsse im Winter und einer Abnahme
der Abflüsse im Sommer gerechnet, was zu einer Ver-
schärfung der Hoch- und Niedrigwasserprobleme am
Rhein führen kann (IKSR 2009a). Besonders in Bezug
auf mögliche Folgen des Klimawandels wird die Anpas-
sungsfähigkeit immer mehr zur Notwendigkeit langfris-
tiger Strategien in der Umweltplanung (IKSR 2007).
Die großen Hochwasser und Schäden der vergange-
nen zwei bis drei Jahrzehnte haben dazu geführt, dass
sich europaweit ein Sinneswandel vom reinen „Hoch-
wasserschutz“ zum „Hochwasserrisikomanagement“ er-
geben hat. Darin kommt zum Ausdruck, dass es abso-
luten Schutz vor dem natürlichen Extremereignis Hoch-
wasser nicht gibt, sondern grundsätzlich ein Risiko be-
steht, das es so gut als möglich zu managen gilt. Diese
Sichtweise hat zur Entwicklung der EU-Hochwasser-
risikomanagement-Richtlinie geführt, die von der EU-
Kommission 2007 veröffentlicht wurde (Richtlinie
2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
über die Bewertung und das Management von Hoch-
wasserrisiken, HWRM-RL) und im November 2007 in
Kraft getreten ist. Im Jahr 2009 wurde sie in bundes-
deutsches Recht umgesetzt, wobei ihr Wortlaut weitge-
hend in das novellierte Wasserhaushaltsgesetz übernom-
men wurde. Ziel der HWRM-RL ist es, einen Rahmen
für die Bewertung und das Management von Hochwas-
serrisiken zu schaffen, um die hochwasserbedingten
nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die
Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftlichen Tätig-
keiten zu verringern.
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