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Exkurs 8.5
Sekundärrohstoffe und ihre Nutzung
Bei Ressourcen und Rohstoffen denken wir üblicherweise
an primäre Energierohstoffe oder an metallische Schlüssel-
ressourcen. Die sich immer deutlicher abzeichnende Res-
sourcenknappheit führt inzwischen aber dazu, dass stärker
als in der Vergangenheit Sekundärrohstoffe, also aus Recy-
cling gewonnene Stoffe, in den Blick genommen werden.
Sekundärrohstoffe entstehen durch die Aufbereitung
von Abfällen und Reststoffen, aus denen die als Rohstoffe
nutzbaren Elemente extrahiert und wieder in den Produk-
tionsprozess eingefügt werden (Glas, Kunststoff, Alumi-
nium, Weißblech und Verbundstoffe). Durch das Einschmel-
zen und Untermischen alten Stahls kann beispielsweise
neuer Stahl ohne Qualitätsverluste erzeugt werden. Aber
auch eine Weiterverwertung von Altmaterialien in anderen
als den ursprünglichen Verwendungen ist möglich.
Die Berechnung der Verwertungsraten ist nicht ganz ein-
fach. Der „Prognos-Sekundärrohstoffatlas“ versucht, Län-
derquoten und Quoten für einzelne Produkte zu errechnen.
Dabei liegt Deutschland mit 69 Prozent knapp vor Däne-
mark und Schweden mit 68 Prozent bzw. 64 Prozent. Für
einzelne Produkte ergeben sich sehr unterschiedliche Re-
cyclingraten. Auch bei der Produktion von Nichteisenmetal-
len spielen Sekundärrohstoffe eine wichtige Rolle, insbe-
sondere bei Blei, Aluminium, Zink und Messing. Bei Messing
werden rund 95 Prozent des Bedarfs durch Sekundärmate-
rial gedeckt.
Die Nutzung von Sekundärrohstoffen wird gerne als öko-
logisch, ressourcen- und auch energieschonend angesehen
und hat zumindest unter umweltbewussten Bürgern ein
recht positives Images. Es gibt aber auch eine dunkle Seite
des Recyclings von Rohstoffen, vor allem wenn wir in einige
Entwicklungsländer blicken. Seit rund zwei Jahrzehnten
exportieren Industrieländer ihren nicht mehr benötigten
Elektroschrott in einige afrikanische Staaten (z. B. Ghana),
mitunter sogar noch getarnt als Entwicklungshilfe. In ge-
sundheitsgefährdender Kinderarbeit werden hier wieder
einzelne Rohstoffe zurückgewonnen.
inzwischen geändert. Preise für viele Ressourcen und
Rohstoffe erreichen inzwischen Rekordstände, und Bo-
denschätze waren noch nie so begehrt wie heute. Auf-
strebende Volkswirtschaften wie China, Indien, Brasi-
lien oder Indonesien sind zu starken Konkurrenten auf
den globalen Märkten geworden. Ohne Rohstoffzu-
fuhr käme ihr Wachstumsmotor ins Stottern. In Europa
wachsen zugleich die Versorgungsängste. In besonderem
Maße gilt dies für die Zukunft der Energieversorgung,
da hier die Abhängigkeiten des Halbkontinents beson-
ders groß sind.
Die übrigen Staaten sind in erheblichem Maße von
Erdgasimporten abhängig. Für 2030 wird ein Anteil von
über 80 Prozent am Gesamtbedarf prognostiziert. Die
Hauptlieferanten sind dabei Russland mit 29 Prozent
(2004) und Algerien mit 13 Prozent Anteil. Südosteuro-
päische und osteuropäische Staaten hingegen sind, auf-
grund der politischen Geschichte bis 1989, noch immer
zu 100 Prozent von russischen Lieferungen abhängig.
Die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Liefe-
rungen wird bis 2030 auf 60 Prozent steigen.
Für die Sicherheit der künftigen europäischen Ener-
gieversorgung lassen sich vor allem zwei Risiken erken-
nen: einerseits der immer noch stetig wachsende Bedarf,
was angesichts der neuen Nachfrager in den BRIC-Staa-
ten zu einem erheblichen Anstieg des Preisniveaus füh-
ren kann oder gar die Förderkapazitäten mittelfristig
überschreitet, und zum anderen die politischen Unwäg-
barkeiten in den Staaten Nordafrikas, des Vorderen
Orients und in der Kaspischen Region.
Grundlegendes Ziel der europäischen Strategie ist
daher die Diversifizierung der Energieträger nach Land
und Rohstoff. Die EU versucht, um sich herum ein gro-
ßes Netz von Ländern aufzubauen, die sich an gemein-
same, vom Binnenmarkt inspirierte Regeln und Grund-
sätze halten. Die Intention ist deutlich: In einem
vernetzten Binnenmarkt verringert sich die Erpressbar-
keit durch Produzenten oder Transitstaaten, indem diese
Die Energieversorgung Europas
Europa ist der größte Energieimporteur und der zweit-
größte Energieverbraucher der Welt. Dabei entfallen
16 Prozent auf feste Brennstoffe, 42 Prozent auf Erdöl,
21 Prozent auf Erdgas, 15 Prozent auf Kernenergie und
6 Prozent auf erneuerbare Energien. Neben dem Erdöl
als wichtigstem Energieträger nimmt die Bedeutung von
Gas immer weiter zu. Selbstversorger sind nur einige
wenige europäische Staaten - Dänemark, die Nieder-
lande und Norwegen haben eine erhebliche Eigenpro-
duktion; Norwegen ist sogar ein Nettoexporteur von
Erdgas und beliefert damit vor allem die EU-Länder und
die Schweiz (Abb. 8.11).
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