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Abb. 2.8 Künstliche Terrassierungen am Kaiserstuhl als Beispiel massiver anthropogener Reliefgestaltung (Foto: Rüdiger Glaser).
(Abb. 2.8). Indirekte Vorgänge löst etwa eine Verbau-
ung der Flusslandschaften aus: Stauhaltungen fungieren
als Sedimentfallen, Unterströmungen unterhalb der
Dämme und Wehre müssen durch Geschiebezugaben
kompensiert werden, natürliche Sedimentkaskaden sind
heute durch vielfältige Maßnahmen verändert, unter-
brochen oder durch neue ersetzt worden. Die damit ver-
bundenen stofflichen Änderungen zum Beispiel im
Kohlenstoffkreislauf sind ein neues offenes Forschungs-
feld.
Historisch können der Entwaldungsprozess und die
damit ausgelöste Mobilisierung von Material sowie
deren Ablagerung als europaweiter Prozess identifiziert
werden. Die Bodenerosion führte zur Kolluvium- und
Auelehmbildung.
bemerkenswert wie die vorgebauten Deltas von Rhone,
Po, Donau und Ebro.
Meeresspiegelschwankungen haben zu den Riasküs-
ten in der Nordwestecke der iberischen Halbinsel
geführt mit „ertrunkenen“ Flussunterläufen. Die paral-
lel zum Küstenverlauf orientierten Höhenrücken
„ertrunkener“ Gebirgszüge, - die Canale, Canali bzw.
Vallone-Varianten - an der dalmatinischen Küste sind
ebenso attraktiv wie geographisch interessant. Liman-
küsten am Schwarzen Meer ähneln den Haffs, weil die
Küstenlinie als Nehrung ausgebildet ist. Die vom Meer
überfluteten Täler verlaufen bei der Limanküste stets
senkrecht zur Küstenlinie. Brandungstore, Hohlkehlen,
marine Terrassen, Abrasionsplattformen, Dünengürtel,
herauspräparierte Basaltstelen oder die Ausbruchskal-
dera von Santorin - Europa ist der Küstenkontinent.
Dies ist nicht nur der Vielfalt geschuldet, sondern auch
der Tatsache, dass das Meer für viele Europäer in ver-
gleichsweise geringer Entfernung liegt.
Neben den exogenen und endogenen Gestaltungs-
agenzien sind Küsten heute stark anthropogen über-
prägt: Schutzdeiche, Polder, Bauten wie Häfen, Siedlun-
gen, Küstenschutz sowie die wirtschaftliche Nutzung im
Rahmen des Fischfangs und dem Aufbau von Aquakul-
turen, aber auch der Fremdenverkehr haben zu vielfälti-
gen Veränderungen geführt. Die zahlreichen Schutzbau-
ten und Schutzmaßnahmen an vielen dieser Küsten
belegen aber auch, dass es sich um einen besonders vul-
nerablen Raum handelt (Abb. 2.10). Neben der histori-
schen Reminiszenz verstärkt die aktuelle Diskussion um
Meeresspiegelanstieg und Zunahme von Sturmfluten
das Risikohafte.
In aufwendigen Simulationen wird heute die Erosi-
vität der Küsten bilanziert bzw. die Frage nach adäqua-
Europa als Küstenkontinent
Die vielfachen zeitlich und räumlich gestaffelten endo-
genen wie auch exogenen Prozessgefüge haben zusam-
men mit der eigenwilligen europäischen Land-Meer-
Verteilung eine vielfältige europäische Küstenlandschaft
hervorgebracht. Unter der glazialen Einwirkung ent-
standen Fjorde und Schären in Skandinavien (Abb. 2.9),
in Mittel- und Osteuropa die Förden, Bodden und Aus-
gleichsküsten sowie die fifhts in Schottland. Die als
marine cliffs herausmodellierten Kreidefelsen von Dover
sind sprichwörtlich. Nicht weniger beeindruckend sind
die Cliffs of Moher in Irland oder die Steilküsten in Grie-
chenland und der Bretagne. Das Wattenmeer, ein biogen
geprägter Sand- und Schlickkörper, besitzt auch im glo-
balen Vergleich Einmaligkeit. Zu Ästuaren umgestaltete
Flussmündungen von Themse und Elbe sind ebenso
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