Geography Reference
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IfL 2009
Karteninhalt: T. Leibert
Computerentwurf: W. Kraus
Kartografie: A. Müller
Abb. 6.12
Allgemeine Geburtenrate (entspricht der Zahl der Lebendgeborenen eines Jahres bezogen auf 1000 Frauen im Alter von
15 bis unter 45 Jahren) nach NUTS-III-Regionen (Bosnien und Herzegowina wurden nicht berücksichtigt; Griechenland, Portugal,
Schweiz NUTS-I-, Lettland und Nicht-EU-Länder in Osteuropa NUTS-0-Ebene) für das Jahr 2005 (verändert nach: Leibert 2012).
(2008) bezeichnen diesen Teil Europas als
higher fertility
belt
. Erklärungsansätze für diese erst seit den 1980er-
Jahren bestehende Deutlichkeit in den Unterschieden
beziehen sich auf Lebensformen und Haushaltsstruktu-
ren, die Gleichstellung der Geschlechter, länderspezifi-
sche Wohlfahrtssysteme und Bevölkerungspolitiken.
McDonald (2006) postuliert sogar einen
cultural divide
zwischen Ländern mit höherer und niedrigerer Frucht-
barkeit.
Für das östliche Europa hebt Dorbritz (2007) als
Ursachen für die niedrige Geburtenhäufigkeit den
Bruch mit den sozialen und ökonomischen Bedingun-
gen aus sozialistischer Zeit, die wirtschaftliche Unsicher-
heit und die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten
hervor, die Veränderungen im generativen Verhalten in
hohem Maße beeinflussten:
•
tionelle Strukturierung der Lebensläufe im sozialisti-
schen System.
•
Die neuen politischen Systeme ermöglichen indivi-
duelle Lebensziele eher als zuvor zu realisieren, die
jedoch einer Familiengründung in jungem Alter wie
zu sozialistischer Zeit entgegenstehen.
•
Nach der politischen Transformation ist der Zugang
zu höheren Bildungsabschlüssen für viele leichter,
was im Allgemeinen einen Anstieg des Heiratsalters
zur Folge hat.
•
Der politische und gesellschaftliche
Wandel führte zu
einem Austausch von Institutionen. Wertvorstellun-
gen änderten sich, soziale Bindungen und Netzwerke
lösten sich auf und wurden neu gebildet. Diese Ver-
änderung „zerstört die Orientierungsmöglichkeiten
an Normen und Werten, Lebensentscheidungen
müssen getroffen werden, ohne dass man auf den
Staat oder die Gesellschaft zurückgreifen kann. […]
Kinder werden verstärkt aus der Sicht der Kinderkos-
ten, den Risiken für den eigenen Lebensstandard, die
Der Wegfall vielfältiger staatlicher Subventionen
(z. B. Kinderbetreuung, finanzielle Unterstützung
und Bevorzugung bei der Wohnungszuweisung von
jungen Familien) untergrub die weitgehend institu-