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Abb. 6.10 Einwanderung in die USA (1820-1949). Die Dar-
stellung verknüpft die Zahl der Personen nach dem Land ihres
letzten Wohnsitzes und der jeweiligen Dekade, in der sie eine
dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhielten ( Legal Permanent
Resident Status ). Dadurch können Mehrfachzählungen der
Migranten relativiert und die zeitliche Zuordnung der Immigra-
tion eingegrenzt werden (verändert nach Gans 2011).
Personen (in Mio.)
10
9
8
7
6
5
Rückgang in den 1860er-Jahren hing eng mit dem ame-
rikanischen Bürgerkrieg zusammen, der anschließende
Anstieg unter anderem mit dem Homestead Act , der die
Chancen für Zuwanderer, günstig Farmland zu erwer-
ben, deutlich verbesserte (Schneider 2007). Jedoch war
seit Anfang der 1890er-Jahre die Neulanderschließung
in den USA weitgehend zum Abschluss gekommen. Für
Siedler, die landwirtschaftliche Flächen erwerben woll-
ten, gewannen Länder wie Kanada, Brasilien oder
Argentinien an Attraktivität.
Der Verlauf der Emigration in mehreren Schüben bei
jeweils anderen Herkunftsgebieten unterstützt die These
der kumulativen Verursachung. Für die Zeit von 1850
bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hing nach Hat-
ton & Williamson (1994) die Auswanderungsrate vom
natürlichen Bevölkerungswachstum, vom Fortschritt
der Industrialisierung sowie von der Zahl der bereits
emigrierten Personen in den USA ab. Die Intensität ver-
ringerte sich erst, als die Zahl der Mitglieder eines Netz-
werks im Herkunftsgebiet rückläufig war und die Ket-
tenmigration mit ihren kumulativen Effekten an
4
3
2
1
0
gesamt
Europa
Deutschland
Irland
Italien
Mexiko
Afrika
Lateinamerika
Asien
Vereinigtes Königreich
Einfluss verlor. Die Bereitschaft zur Auswanderung ver-
ringerte sich auch, nachdem sich die Lohnunterschiede
zwischen Ziel- und Herkunftsland angeglichen hatten.
Exkurs 6.5
Frankreichs Sonderstellung im Modell des
Ersten Demographischen Übergangs
Für den einzigartigen Verlauf von Geburten- und Sterblich-
keitsentwicklung in Frankreich seit 1800 sprechen drei
Sachverhalte:
kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Kontinent,
die Weltwirtschaftskrise in den 1850er-Jahren und mehrere
Epidemien zwischen 1880 und 1900. Ein wesentlicher Fak-
tor war zudem der bereits im 18. Jahrhundert beginnende
Geburtenrückgang (Grigg 1980). Schon vor der Französi-
schen Revolution begrenzten Frauen aus der Oberschicht
die Zahl ihrer Kinder. Die mit dieser Geburtenkontrolle ein-
hergehende Säkularisierung breitete sich nach 1789 in der
Bevölkerung aus und - von einigen ländlich-peripheren Räu-
men wie der Bretagne abgesehen - verlor die Kirche merk-
lich an Einfluss auf das Alltagsleben der Bevölkerung.
Das Bevölkerungswachstum von 1800 bis zum Ende
des Zweiten Weltkrieges erreichte nicht die Raten im
18. Jahrhundert (Abb. 6.1).
Die Differenz aus Geburten- und Sterbeziffer - wenn
auch positiv - verringerte sich kontinuierlich (Abb. 6.2).
Die Fruchtbarkeit lag schon um 1850 - und damit min-
destens 50 Jahre früher - deutlich unter dem Niveau
anderer europäischer Länder.
Rothenbacher (2002) nennt als Gründe für diesen spezifi-
schen Trend die Verwicklung des Landes nach 1800 in alle
 
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