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Abb. 6.9
Altersstruktur Deutschlands 1880, 1910, 1950, 1965,
2010; verändert nach Rothenbacher 2002, UN 2010).
Männer
Alter
Frauen
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≥
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1880
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5
größtenteils menschenleeren Räume ihrer Länder. Zum
andern wirkten in Europa verschiedene
push
-Faktoren.
Schneider (2007) fasst sie am Beispiel Deutschlands zu
vier Determinanten zusammen.
•
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5
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0
demographischer Kontext: Das Bevölkerungswachs-
tum seit dem 18. Jahrhundert (Abb. 6.1) führte zu
einer steigenden Zahl klein- und nichtbäuerlicher
Stellen, bei denen die Familien auf Einkommen im
ländlichen Heimgewerbe angewiesen waren. Die her-
gestellten Waren, vor allem Textilien, wurden gut auf
überregionalen wie internationalen Märkten abge-
setzt und boten daher günstige Erwerbsaussichten.
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%
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•
sozialer Kontext: In den Dörfern im Südwesten, wo
die Massenauswanderung begann, war die Heimar-
beit aufgrund der dortigen Realteilung weit verbrei-
tet. Änderungen auf den Absatzmärkten wirkten sich
besonders rasch und intensiv auf Arbeitsmärkte und
Einkommensmöglichkeiten außerhalb der Landwirt-
schaft aus.
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•
ökonomischer Kontext: Die industrielle Herstellung
von Textilien in England entzog der deutschen Heim-
arbeitsproduktion seit den 1830er-Jahren in kurzer
Zeit die ökonomische Basis. Auch Gebiete mit Aner-
benrecht waren zunehmend betroffen, weil die nach-
geborenen Söhne die Grundlage ihrer agrarisch-
ländlichen Existenz verloren. „Der Pauperismus, also
die Verarmung und Verelendung ganzer Landstriche,
wurde zum zentralen Problem der deutschen Gesell-
schaft zwischen 1830 und 1850“ (Schneider 2007).
Erst nach der Reichsgründung und vor allem nach
1890 stieg die Zahl der Arbeitsplätze in der Industrie,
die Auswanderung ging merklich zurück.
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•
politischer Kontext: Die meisten deutschen Staaten
führten nach dem Wiener Kongress keine Reformen
durch, die den Menschen persönliche Freiheit und
Gestaltungsmöglichkeiten gegeben hätten.
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Der Entschluss auszuwandern fiel umso leichter, wenn
singuläre Ereignisse wie Missernten 1816/17, 1830 oder
1845 die Lebensbedingungen noch erschwerten. Nicht
zuletzt wurde die Erwartungshaltung zu den persön-
lichen Zukunftschancen zum Beispiel in den USA auf-
grund der vielfältigen Informationsflüsse deutlich güns-
tiger als in Deutschland eingeschätzt.
Die Emigration aus Europa in die USA nahm nach
1820 langsam zu und erreichte dann in mehreren
Schüben immer neue Maxima. Mit jeder neuen Ein-
wanderungswelle änderte sich die nationale Zusam-
mensetzung der Migranten (Abb. 6.10). Der deutliche
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2010
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Männerüberschuss
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