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räumliche Entwicklung auf dieser Ebene in informellen
Foren stattfinden, ermöglichen solche stark generalisier-
ten Raumdarstellungen eher ihre Akzeptanz auf europä-
ischer Ebene. Weiterhin erlauben solche stark abstra-
hierten Darstellungen, großräumige Zusammenhänge
und Entwicklungen zu kommunizieren, unabhängig
von einer Begrenzung durch administrative Grenzen
denen die Raumplanung auf nationaler und regionaler
Ebene unterliegt. Solche funktionalen Zusammenhänge
im europäischen Raum zu erfassen und zu kommuni-
zieren ist möglicherweise der wichtigste Beitrag von
Geodesign.
Die alten historisch-geographischen beziehungsweise
politisch-geographischen Raumbilder werden somit zu-
nehmend durch geoökonomische Raummodelle abge-
löst, die Europa häufig in verschiedensten Formen von
„Geostrukturobst“ präsentieren (Abb. 4.27). Zu den be-
kanntesten analytischen Raumbildern gehört die „Blaue
Banane“, ein breites Entwicklungsband von London
über die Städteagglomeration „Randstad“ an der nieder-
ländischen Küste, Brüssel, das Ruhrgebiet und die
Rheinschiene, die Schweiz bis nach Mailand. Die „Blaue
Banane“ wurde im Jahr 1989 von einem französischen
Forscherteam veröffentlicht und stellt in kartographisch
vereinfachter und anschaulicher Weise eine Analyse des
Wirtschaftspotenzials (West-)Europas dar (Brunet 1989).
Die Darstellung war als Aufforderung an die französi-
sche Regierung gerichtet, sich stärker in den Europä-
ischen Integrationsprozess einzubringen, um einer Mar-
ginalisierung von Paris (das in der Abbildung außerhalb
der identifizierten „Megalopolis“ Europas liegt) entge-
genzusteuern.
Die „Blaue Banane“ ist nicht die erste solcher Zen-
trum-Peripherie-Darstellungen für Europa (für eine
Übersicht siehe Dühr 2007, Dühr et al. 2010), aber ihre
Einprägsamkeit hat sie zur möglicherweise meist zitier-
ten gemacht. Obwohl als Kommunikation einer Raum-
analyse gedacht, wurde die „Blaue Banane“ häufig als
„Vorhersage“ interpretiert, dass alle Regionen außerhalb
in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung benachteiligt
seien (Williams 1996). Zahlreiche Variationen wurden
über die Jahre gefertigt, welche die Stellung anderer
europäischer Regionen im Verhältnis zur „Blauen Ba-
nane“ darstellen. Ein solches Beispiel ist ein aus der
amerikanischen Geographie übernommener Sunbelt
entlang der Mittelmeerküste von Barcelona über Mar-
Oslo
St. Petersburg
Moskau
Kopen-
hagen
Birmingham
Minsk
Hamburg
London
Warschau
Brüssel
Berlin
Kiew
Paris
Prag
München
Wien
Budapest
Mailand
Bukarest
Belgrad
Madrid
Abb. 4.27 Zentrum-Peripherie-Modelle
aus Sicht der Wirtschaftszentren und
europäische Wachstumsachsen: Einige
Facetten von „Geodesign“ für Europa
zeigt diese Karte in exemplarischer
Form. Neben der bekannten „Blauen
Banane“ (dem dynamischen Wirt-
schaftsraum zwischen Südengland
und Norditalien) sind dargestellt der
europäische Sunbelt (in einer Adaption
des Sunbelts der US-amerikanischen
Südstaaten) als „Gürtel von Hightech-
Regionen“ und die neuen Entwicklungs-
achsen und -richtungen in Osteuropa,
umgeben von einem „Gürtel der
Unterentwicklung“ an der europä-
ischen Peripherie (verändert nach:
Glaser et al. 2007).
Rom
Barcelona
Istanbul
Neapel
Athen
0
500 km
Regionen mit überdurchschnittlichem
Wirtschaftswachstum
zukünftige Verschiebung des wirt-
schaftlichen Mittelpunktes der EU
von den wichtigsten Aktivräumen
ausgehendes Wirtschaftswachstum
europäischer Sunbelt und
zukünftige Entwicklungsachsen
Gürtel von „Hightech“-Regionen
Gürtel der Unterentwicklung
Achse mit Problemregionen
zukünftige Entwicklungsachsen
Millionenstädte
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